August Sonnenfisch
Die Geburt - ein Mysterium zwischen Himmel und Erde
Die Geburt - ein Mysterium zwischen
Himmel und Erde
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(1)
Ein Schrei - und du jenseitiges Wesen bist
in einem von dir erschaffenen Leib
in dieser Welt der Sinne
und des Atmens
in den Luftmeeren der Erde!
Neun Monde bildetest du dir diese
fleischliche Gestalt
im Duett der Kräfte mit
deiner dich umhüllenden und
nährenden Mutter:
in ihres dunklen Uterus Gewölbe,
in den Fruchtwassern der
Genesis deines Leibes!
Dann glitt dieser Neuerschaffene durch den
engen Schlund
ihres Schoßes!
Ein kräftiger Schrei, und du Wasserwesen
mutierst zum irdischen Ebenbild Gottes!
Nun hast du Menschengeist wieder
einen Tempel
für Seele und Geist!
In der Hingabe deiner Mutter
wie in der Fürsorge deines Vaters!
(2)
Doch woher bist du gekommen?
Kamest du von jenem ortlosen Ort
jenseits der Gezeiten -
wohin meine Augen und Ohren
mich niemals führen?
Kamest du von jenen Himmeln,
die unserer
Erdenentwicklung bedürfen?
Geburt und Tod - Geheimnisse
zwischen
Himmel und Erde!
(3)
Wir jedenfalls sind beseligt und beglückt:
erwählt und gefunden von dir,
du himmlisches Wesen!
Doch du bist nicht unser:
du gehörst dir selbst,
und du bist vom Weinstock
des Lebens,
welches nach
sich selber verlangt!
(4)
Doch gehören wir Eltern und Paten
uns selber
in dieser Trance der Erwachsenen:
dieser Trance wichtiger
Gedanken und gewichtiger
Geschäfte
im Täglich-Allzutäglichen?
Oder finden wir uns
erst heute
mit dir?
"So ihr nicht werdet wie die Kinder, so
lebt ihr nicht in den Tiefen des Seins!"
(Matthäus 18, 3)
Meinen Weg kreiere ich jetzt aufs Neue:
für mich selbst
wie für dich, mit
den Menschen hienieden ...
mit den Engeln über uns,
mit dem Welten-Denken, Welten-Fühlen und -Wollen
des nachts
im kleinen Tod -
und bei manchem Erwachen mit Antworten
von unseren Ahnen!
(5)
Im Himmel begegneten wir uns einst
jenseits von Geschlechtern
und Klassen.
Jetzt begegnen wir uns
in diesem Volk
auf Mutter Erde -
als menschliche Götter in Knospe.
Mögen wir uns öffnen:
mögen wir für göttliche Lieder
erblühen und fruchten!
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(c) August Sonnenfisch, 24. Juni 2012 ff
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Drei Dinge sind uns
aus dem Paradies geblieben:
Die Sterne der Nacht,
Die Blumen des Tages
Und die Augen der Kinder.
(Dante Alighieri (1265-1321))
Liebe, menschlich zu beglücken,
Nähert sie ein edles Zwei,
Doch zu göttlichem Entzücken
Bildet sie ein köstlich Drei.
(Johann Wolfgang Goethe (1749-1832))
Ihm ruhen noch im Zeitenschoße
Die schwarzen und die heitern Lose,
Der Mutterliebe zarte Sorgen
Bewachen seinen goldnen Morgen.
(Friedrich Schiller (1759-1805)) - aus: Das Lied von der Glocke)
ICH BIN ICH
Es ist unser,
sagen die Eltern.
Ich bin ich,
sagt das Kind.
Es ist Zukunft,
sagen die Alten.
Es ist Rente,
sagt der Minister.
Es ist Liebe,
sagt das Herz.
Ich bin ich,
sagt das Kind
Es ist Ruhestörung,
sagen die Nachbarn.
Es ist Verantwortung,
sagt die Sorge.
Es ist Hoffnung,
sagt das Leben.
Ich bin ich,
sagt das Kind.
(Felicitas Rupprecht (geb. 1976) - nach Erich Fried)
DAS KIND IN DER WIEGE
Glücklicher Säugling! Dir ist ein unendlicher Raum
noch die Wiege,
Werde Mann, und dir wird eng die unendliche Welt.
(Friedrich Schiller (1759-1805))
Seid leise!
Es ist müde von der Reise.
Es kommt von weit her,
vom Himmel übers Meer.
Vom Meer den dunklen Weg ins Land,
bis es die kleine Wiege fand.
Seid still!
(Paula Dehmel (1862-1918), redigiert)
GOTTES RÄTSEL
Kinder sind Rätsel von Gott und schwerer
als alle zu lösen,
Aber der Liebe gelingt's,
wenn sie sich selber bezwingt.
(Friedrich Hebbel (* 1813 Diethmarschen + 1863 Wien)
AN DAS BABY
Alle stehn um dich herum:
Fotograf und Mutti
und ein Kasten, schwarz und stumm,
Felix, Tante Putti...
Sie wackeln mit dem Schlüsselbund,
fröhlich quietscht ein Gummihund.
"Baby, lach mal!" ruft Mama.
"Guck", ruft Tante, "eiala!"
Aber du, mein kleiner Mann,
siehst dir die Gesellschaft an...
Na, und dann - was meinste?
Weinste.
Später stehn um dich herum
Vaterland und Fahnen;
Kirche, Ministerium,
Welsche und Germanen.
Jeder stiert nur unverwandt
auf das eigne kleine Land.
Jeder kräht auf seinem Mist,
weiß genau, was Wahrheit ist.
Aber du, mein guter Mann,
siehst dir die Gesellschaft an...
Na, und dann - was machste?
Lachste.
(Kurt Tucholsky (1890-1935))
August Sonnenfisch, Anmerkung zum Gedicht
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 01.07.2012.
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