August Sonnenfisch
Außer Dienst - im Dasein danach
Außer Dienst - im Dasein danach
*
Ein Oberstleutnant
außer Diensten:
seit sechzehn Jahr
in Pension.
Reisen und Sport und Befehle für
dich und mich
und zuzeiten ein guter Tropfen.
Dies ist sein Dasein
nach der Armee,
diesseits von Schulterklappen mit
silbernem Eichenlaub
und einem Duo an silbernen Sternen.
Sein Zivilleben ohne Eichenlaub und Sterne
teilt er mit Ingedoro,
der Teilzeitdame
von der Messe, im adretten
Häuschen unweit des großen Sees.
Er zweiundsiebzig: nach dem chinesischen
Kalender eine Katze -
sie sechzig: ein chinesischer Drache.
Tennis, Radeln und Schwimmen:
die Distanzen sind lang für sein Alter,
die Tempi hoch.
Zwar protestiert sein Gedärm
seit Jahren gegen das
Jungmännergebahren - doch
der ältliche Recke ist seinem Leib
kein offenes Ohr und kein Forscher:
er deligiert die Sorge
um seine leiblichen Leiden
an die Ärzte
und missbilligt deren
Grenzen mit bissigem Zorn!
Ein Kind eben dieser Zeit.
Seine großkotzig großzügigen Reisen
mit Ingedoro im Paar
sind (nach den Feldzügen seiner Väter)
friedliche Expeditionen
in alle Teile der Welt:
wohlorganisiert und strapaziös.
Die Berichterstattung darüber erfolgt
unversehens und häufig,
präzise und
fraglos ausführlich.
Und seine Befehle hier und heute
wähnen dich als
ein Mitglied
seines Batallions:
Als hätte er nie seinen Abschied genommen,
befiehlt er dir stimmkräftig
wie knapp und klar.
Ohnehin empfängt er, der Löwe,
Botschaften anderer nur unwirsch,
zumal ein Hörschaden
(als Folge seines Dienstes
an der Waffe) sein
Sendungsbewusstsein noch beflügelt.
... Doch wenn du seinen Vorgaben
nicht folgst, dann zögert er nicht,
sich zu fügen. Man staune!
Der Soldat in ihm weiß auch zu gehorchen.
Seit sechzehn Jahren außer Dienst:
ein in die Jahre
gekommender Oberstleutnant,
im äußeren Frieden
noch immer
im Dienst.
Und anscheinend unsterblich.
Auch darin ein Kind dieser Zeit!
* *
Was aber kreierte ich, wenn ich
in die Jahre gekommen?
Was fürchtet und was fasziniert mein Gemüte
im Alter meines Leibes?
Goutieren wir unser Gelächter
über die Komik des Alltäglichen?
Üben wir uns im Sterben?
Entpuppen wir uns als
eine Künstlerin, als
ein Künstler des Lebens?
Hinterfragen wir unsere Gedanken?
Pflegen wir das Gemächliche?
Das Verweilen? Das Sein?
Wenden wir uns nach innen?
Durchfürchten wir
unsere Ängste?
Durchleiden wir unsere Schmerzen?
Durchlachen und durchweinen
wir unsere
elysischen Freuden?
* * *
Das Alter als Autumnus des Leibes.
Das Alter als die ebenso
güldene wie begrenzte
Zeit der Frei-
herren und der Freifrauen!
Das Alter als die kolumbianische Zeit
innerer Welten!
(c) August Sonnenfisch, 12. Juli 2011 ff
Ein Batallion (nach frz. "bataille": Schlacht) umfasst 300 bis 1200 Soldaten.
Untereinheit ist die Kompanie oder (bei der Artillerie) die Batterie
- befehligt von einem Hauptmann.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 06.07.2012.
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