Inge Hoppe-Grabinger
Mein Ort ((Sankt Jacob/ Tramin/ Südtirol)
Mein Ort
ist eine kleine
romanische Kirche,
in der ich nicht bete,
in der ich mich aber
unbegreiflicherweise
lebendig fühle,
alles hinter mich lassend,
wo
in der Apsis,
ignoriert von stocksteifen Heiligen,
im unteren Bereich,
auf Augenhöhe,
das Leben tobt:
der rotbestrumpfte Teufel,
der Mann mit der phrygischen Mütze
und mit Flügeln und Vogelfüßen,
einen Schlangenstock in der Hand,
einem Centauren in den Schopf
greifend,
seinerseits angegriffen von
einem fischschwänzigen Ungeheuer
mit Pfeil und Bogen,
das wiederum von einem
ausgespieenen Feuerstrahl
bedroht wird ...
die klugen und die
törichten Jungrauen schauen zu,
während auf der anderen Seite,
über zehn Kirchenbänke hinweg,
schon darniederliegend,
dem Goliath von David,
nur einen Meter hoch, der Kopf
abgesäbelt wird.
Darüber öffnet ein lieblicher Engel
die rosafarbene Paradiesestür
zu einem geheimnisvollen Garten,
der für wenige und
kostbare Minuten
vergessen lässt, dass es diesen
Ort nirgendwo gibt,
wenn nicht hier,
gemalt, verblasst,
so ergreifend, dass es
wehtut:
all die kindlichen
Sehnsüchte
an einem Ort!
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 21.09.2012.
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