Einst gab es in unserem kleinen Ort
einen Mann, der reiste nie fort.
Er meinte, auf Lettung, dem Trockenplatz,
wäre vergraben ein wertvoller Schatz.
Und wer nie die Heimat verließ,
angeblich auf diesen Reichtum stieß.
Um zu suchen den fraglichen Segen,
wollte er sich eine Wünschelrute zulegen.
Und so fragte er die einheimischen Alten
was sie von seiner Absicht halten.
Wenn andere sich strecken und laben,
nämlich am Heiligen Abend,
müsste er nackt zu den Haseln gehen,
rückwärts dann zu ihnen stehen.
Das Abschneiden der Ruten nur gelinge,
mit einem alten Sechser als Klinge.
Und dieser Sechser muss allein
älter als der Älteste sein.
Hinter dem Rücken muss es geschehen
ohne den Haselstrauch zu sehen.
Aber die hochverehrten Alten
konnten nichts für sich behalten.
Und so kam es, dass statt zu schlafen,
Heiligabend sich alle Jungfern trafen.
Unser Mann nackt rückwärts schritt,
hinter ihm die Schar lief mit.
Aus dem anfänglichen Kichern
wurde bald ein Rückversichern.
Sie heizten ihn mit Worten an,
damit er nicht erfrieren kann.
Solang das Blut ihm stark pulsiert,
auch kein richtiger Mann erfriert.
Am Haselstrauche angekommen,
ward der Sechser dann genommen.
Damit wurde lange gerieben,
bis die Rute endlich abgetrieben.
Vor Anstrengung die Adern schwollen,
mehr als das sie hätten sollen.
Die Jungfrauen das mächtig freute,
sahen sie doch dicke Beute.
Doch ehe eine sich verritzte,
unser Mann nach Hause flitzte.
Frauenfest die Tür verrammelt,
da sich alle angesammelt.
Schnell was Warmes angezogen
und die Rute dann gebogen.
Endlos lange ging der Kampf,
der Hasel mit dem Wasserdampf.
Und dann war es endlich soweit,
die Wünschelrute lag bereit.
Doch jetzt hieß es noch Tage warten
um dann bei Vollmond neu zu starten.
Aber die Jungfrauen stürmten das Haus
und zerrten unseren Mann heraus.
Nur er allein kann uns noch sagen,
wie viele seinen Stempel tragen.
Nicht nur da drehte er seine Runden,
er hat sogar den Schatz gefunden.
Die Wünschelrute schlug einst aus,
als im Loch verschwand ne Maus.
Er markierte nur die Stelle,
weil es draußen noch sehr helle.
Aber nachts im Mondenschein
barg er den Schatz für sich allein.
Niemand weiß, ob es so war,
denn alles wurde sonderbar.
Viele Frauen zu ihm kamen
und seine Wünschelrute nahmen.
Jede, die morgens neben ihm erwachte,
er mit einer Morgengabe bedachte.
Eines tags war es jedoch vorbei,
er starb beim ersten Hahnenschrei.
Die Frau, die alles miterlebt,
ist leider unerkannt entschwebt.
Für die Rute und den Schatz
durchwühlte man das Haus, den Platz.
Vergebens war die Sucherei,
alles weg, welch Lumperei.
2012 © Wolf-Rüdiger Guthmann
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 22.10.2012. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).
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