Barbara Lützner
Kindheitserinnerungen anno 1956
Kindheitserinnerungen von Barbara Lützner 2011
Zwischen tristen Wänden mit bröckelnden Mauern, in deren Ecken langbeinige Spinnen auf Beute lauerten, hörte man lautes Kinderlachen und Geschrei, ein bellender Hund war auch dabei. Hier konnten wir spielen, toben und singen, klettern und über Hindernisse springen. Oder wie es die Erwachsenen gern tun, auf der Bank dösen oder gar ruhen.
Ein Pflänzchen neben der Aschegrube geboren, wir Kinder hüteten es wie einen Schatz. Selbst bei Frost ist es nicht erfroren, später trug's blaue Blüten , mit schneeweißem Latz.. Aber als sie sich stolz zum Himmel reckten, sie ein Büblein für sich entdeckte. Abgerissen ohne Sinn und Verstand lagen sie später vertrocknet im Sand.
Auf dem Gehweg zwischen Plastersteinen zeigte sich frisches weiches Moos. An der Hauswand gebaut aus Ziegelsteinen, ein Sandkasten, einen halben Quadratmeter groß. Unterm Schauer gab's schummriges Licht, ein Platz für Handwagen und nen Stall. Doch das interessierte uns Kinder nicht, wir spielten davor eifrig Abschussball.
Wir Mädchen versorgten uns're Puppen und in der Tür zu einem Schuppen hing eine Schaukel, bestehend aus einem Brett und zwei Seilen ein begehrter Platz, keiner durfte darauf ewig verweilen. Meister gib uns Arbeit auf oder blinde Kuh, gehörten selbstverständlich zu unsren Spielen dazu. Man vertrieb sich die Zeit mit Hopse und Verstecken. Buben hatten viel Spaß dran die Mädchen zu necken.
Eine alte Gardine drapiert auf einen Mädchenkopf , ein Sträuschen Gänseblumen in der Hand, Großvaters Hut auf einem Knabenschopf, so ging's zu unserem Standesamt. Kam der Redner dann zum Schluss, folgte der heiß erwartete Kuss. Butterbemme gesponsort von Muttern, gab's auf der großen Feier zu futtern. Danach noch Jubel, Trubel, Heiterkeit, und schon wegen der Bemme und des Kusses, war'n wir zur nächsten Trauung gern bereit.
Wir spielten das Leben mit all seinen Facetten, die Liebe, das Leid, auch den Trauerzug. Als wir konnten ein krankes Vöglein nicht retten, die Kinderschar es zu Grabe trug. Und so manches Kind wischte sich, aus seinem Gesicht ein paar Tränen. Auch sie möchte ich wie vieles Andere nicht vergessen zu erwähnen.
Die Jauchegrube nahe dem Haus, die muss ich auch noch benennen Nüchtern betrachtet sah sie harmlos aus, doch sie birgt Gefahren, die muss man kennen . Als ein Neugieriger den Deckel doch einmal lüftete, stand er hilflos in einer Wolke umwerfender Düfte.
Er wankte und fiel zum Glück nicht nach vorn, trotzdem traf ihn seiner Mutter mächtiger Zorn. Nicht auszudenken schimpfte die Frau, hinein zufallen wäre der Supergau. Von Stund an ward die Grube von allen gemieden, und ihr war ein ruhiges Dasein beschieden.
Die Mütter vertrauten auf die bröckelnden Mauern. Für sie waren sie ein großer Gewinn. Gefahren der Straße hier keinesfalls lauerten, sie ersparten permanente Aufsicht auf's Kind. Könnt die wacklige Bank im Innenhof reden so gingen ihr nie die Worte aus, sie wüsste Geschichten über fast jeden, so bunt und vielfältig wie ein Blumenstrauß
Eine glückliche Kindheit zwischen Schuppen und Schauer, ganz ohne Nintendo, Fernsehen und Co. Manchmal träum ich von der Zeit und den bröckelnden Mauern. Man müsst sie verputzen, nicht nur ich wäre darüber froh.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 09.11.2012.
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