Der König lag in der letzten Stunde,
gottesfürchtig ohn’ jegliches Bangen.
Eingeläutet war die letzte Runde,
eingefallen, die einst roten Wangen.
Auf seiner Lagerstatt, gebettet weich,
sprach mühsam der sterbende König Rex.
Es umstanden den Vater bang und bleich,
sorgenvoll seine Söhne, alle sechs.
"Ambrosius wird das Zepter halten",
sprach der Greis in in den letzten Zügen.
"Ihr anderen dürft schalten und walten,
doch müsst ihr euch Ambrosius fügen!"
Heilig schworen sie, es so zu halten,
des Bruders Allmacht anzuerkennen.
Vieles im Reich gab’s umzugestalten,
er brauche Befehle nur zu nennen.
Zufrieden lächelnd starb der alte Mann,
der so lange Jahre hatte regiert.
In Kriegen er gute Pläne ersann,
im Kampf hat er niemals kapituliert.
Beliebt und geachtet ging er dahin,
immer fair gegenüber dem Volke.
Nur Baldur sah vor dem neuen Beginn
am Himmel eine pechschwarze Wolke.
Justinus, der zweite der sechs Söhne,
der wollte das Zepter an sich reißen.
Er hatte böse eigene Pläne
und wollte Macht und Stärke beweisen.
Ambrosius naiv, vertrauensvoll,
vermutete weder List noch Tücke.
Justinus zahlte ihm listig den Zoll,
jedoch mit hinterhältigem Blicke.
In einer der nebligen dunklen Nächte,
schlich er zu des Bruders Ruhestatt.
mit Baldurs Dolch in seiner Rechte,
schritt er kaltblütig zu der Mordestat.
Ambrosius verspürte Stich und Schmerz,
er sah noch des Bruders Miene entzückt.
Noch zweimal zuckte das sterbende Herz,
die vorsetzliche Bluttat war geglückt.
Erstochen man den jungen König fand,
zweifellos eine Untat fand hier statt,
bekannt gemacht wurde im ganzen Land,
dass man den Mörder festgenommen hat.
Eindeutiger Beweis sei schon erbracht,
dem Mordbuben gefesselt die Hände,
und sofort nach einer weiteren Nacht
erfolge verdient sein ruchlos’s Ende.
Baldur wurde auf das Schafott geführt,
starr blickend der Mörder daneben stand.
Des Henkers Schwert hat er nicht verspürt,
die feige Mordtat keine Sühne fand.
Karl-Heinz Fricke 20.1.2013