Ein aelteres Ehepaar im Solokonzert

Ein älteres Ehepaar im
Solokonzert
.

Der Künstler setzt sich an den
geöffneten Flügel.
Und er hebt an, der Welt eine Tokkata
  RobertSchumanns
 zu präsentieren.

Doch vor mir wird noch geflüstert,
noch in die ersten Töne hinein.
Die Köpfe zueinander gesteckt.
Schumann mag's belächeln.
Ruhe, vielleicht Stille, während des beflügelnden
Geschehens.
Doch zwischen den Sätzen
und zwischen den Kompositionen
von Schumann, von Haydn, von Chopin -
da zieht es sie wieder zueinander,
magnetisch. Weg
aus den Tiefen des Musischen
ins despektierlich
geschwätzige Gewisper.

Zwischenapplaus und Applaus am Ende.
Das Auditorium
dankt dem Virtuosen. Das Paar
vor mir aber klatscht nur beiläufig:
es tuschelt, die Köpfe zueinander geneigt.
Kein Dank der Herzen,
mechanistisch nur ihre Hände beklätscheln,
was ihre Ohren gehört.
Seelenlos ihre Hände.

*
Ich aber danke dem Leben,
dass ich allein bin mit dieser Musik,
allein bin mit diesem Pianisten.
Und ich beklatsche sein Spiel aus der Seele.

*
Und ich frage mich, wo ich es bin,
der Begegnungen beschneidet,
der Kontakte vermeidet,
der Symbiosen zelebriert.

Und ich finde es in mir: dieses in die Jahre
gekommene Paar.

Ein Loriot-scher Engel lächelt dazu.





(c)  August Sonnenfisch, 14. September 2003 ff
.
Tokkata: stark bewegtes, phantasievolles Musikstück.