Wally Schmidt
Der arme Osterhase
Ich glaub', mein Alter war sechs Jahre,
ich hatte schöne, blonde Haare,
als Mutter nahm mich auf den Schoss,
und sagte: „Du bist jetzt schon gross.
Doch auch grosse Kinder kriegen Eier,
wie in jedem Jahr, zur Osterfeier.
Im Wald dort unter dicken Buchen,
geh'n wir jetzt Ostereier suchen.
Doch eh' die Mutter sich besann,
zog ich meine Schühchen an,
die mit dem schönen, roten Band,
und nahm mein Körbchen an die Hand.
Natürlich ging auch Vater mit,
so marschierten wir zu dritt.
Der Wald, der war von uns nicht weit,
wir waren dort in kurzer Zeit.
Wir kannten wirklich jeden Steg,
dort auf dem Verschönerungsweg.
Warum der Weg hat diesen Namen,
das wissen sicher uns're Ahnen.
Ich hüpfte mit dem Körbchen los,
wo waren denn die Eier blos?
Meine Eltern kamen hinterher,
und trugen eine Tache schwer.
Was drin war, hatt' ich nicht kapiert,
es hatt' mich auch nicht int'ressiert.
Doch plötzlich vor 'nem hohlen Baum
war aus mein ganzer Ostertraum.
Darinnen lag ein toter Hase
mit einer kleinen Schnüffelnase.
Ich blieb dort vor Entsetzen steh'n
und konnte keinen Schritt mehr geh'n.
Ich wurd' ganz wack'lig auf den Beinen,
und fing dann schrecklich an zu weinen.
Mein Vater gab mir etwas Halt,
und sagt': „Der Osterhase war schon alt,
jetzt wird sein Sohn die Eier bringen,
dann kannst du wieder fröhlich singen.“
Mutter war ein Stückchen weiter,
und bald wurd' ich ein wenig heiter.
Wir kamen Mutter wieder nah,
als plötzlich dann mein Auge sah,
da lagen viele, bunte Eier,
für mich gebracht zur Osterfeier.
Ich legte eins ans tote Häschen,
nahe an sein kleines Näschen,
sagte: „Dich bringt jetzt ein Schimmel,
nach oben in den Hasenhimmel.
Ist auch dein Leben hier vorbei,
hast du dort an Ostern auch ein Ei.“
Noch heut', seit so viel Zeit vergangen,
frag ich mich oft mit grossem Bangen,
und dabei ganz leicht mein Herz erbebt:
„Ob des Hasen Sohn noch lebt?“
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in meinem Kopf.Wally Schmidt, Anmerkung zum Gedicht
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 31.03.2013.
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