Andreas Vierk
Wind und Feld
Bittet den Herrn der Ernte.
Mt 9,38
I
Kornfeld in der Mittagsglut.
Wind geht barfuß drüber hin,
sichtbar nur in Ährenwellen:
Halme wenden sich
von Grün zu Gelb,
von Gelb zu Grün.
Wind lacht im Korn.
II
Kornfeld im goldenen Nachmittagslicht.
Duft des Brotes aus nahem Gehöft.
Da! Plötzlich!
Hohes, spitzes Pfeifen eines Hasen.
Jäh entbranntes Geschick.
Verwehte Klage.
Spitzes blutiges Maul.
III
Kornfeld am Abend.
Letzter Wolkenflieder,
letzte Funken.
Am Waldsaum ängstlich lauschend:
Drei Männer. Geschulterte Säcke.
An Stiefeln, Knieen hängen Federn.
Vage Schatten huschen durch die Ähren.
IV
Kornfeld in der Nacht.
Weg und Halm noch warm.
Große Sterne vibrieren.
Zwei Augen, grün:
Eidechse im Schatten.
Jagdzauber.
V
Kornfeld in der Nacht.
Wild tritt aus nahem Gehölz,
späht und sichert.
Nimmt Witterung.
Quert den Schlängelpfad.
Große Augen, wasserfarben. Blätter
hängen vereinzelt im Fell.
Große Stille.
VI
Kornfeld in der Nacht.
Sterne sind nah,
sind schwer:
Halme richten sich aus.
Von nahem Gehöft
bellt ein Hund.
Von den Himmelsrändern
stürzen Sterne:
Funkenregen am Waldsaum.
Wipfel tauchen ein
in kühle Frühnebel.
VII
Kornfeld am Morgen.
Duft und Farbe junger Äpfel.
Gitarrenklang vom Weiler her:
Des Spielmanns Gesicht
wird sichtbar nur
in Melodie.
Die Liebe lächelt gespiegelt
nur im Wechselblick der Liebenden.
Der Wind wird wesenhaft
nur im wogenden Korn.
Gelockte Brust des Windes.
Drei Wolken treiben am Himmel,
drei Strahlen aus Licht steigen herab.
Vorheriger TitelNächster TitelDie Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Andreas Vierk).
Der Beitrag wurde von Andreas Vierk auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 11.07.2013.
- Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).