Rudolf Leder
Memento mori - Gedenke des Todes
Frühlingsblau von gestern vergangen,
Heute weiße Leichentuchfetzen,
Dem bleiernen Himmel entschweben.
Mausgraue Häuserblöcke mit
Schwarzen weissgekreuzten
Rechteckaugen überziehen
Sich weisse Schwesternhauben.
Das kaum erwachsene Gras
Mit schneeigem Totenhemd
Wirkt frisch angezogen.
Schwarzes, geflügeltes Un-Wesen
Lässt sich auf Balkon nieder,
quetscht sich höllisch schnell
In eines der ungezählten schwarzen
Löcheraugen ins Hausinnere
Und vertrübt Aus- und Einblicke.
Gleicht es nicht Schlafes Bruder
Oder seinem Unterwelt-Verwandten
Im Rückblick? Ich weiss es nicht.
Zum Himmel schreilose Vision !
Hoffentlich, vielleicht doch,
Es wäre schön, wenn es doch
Eine optische Täuschung wäre.
Am Nachmittag folgt trauriger
Epilog über einen im Schneebett
Verstorbenen Freund. Das
Andenken macht den vor der Türe
Lauernden Tod körperlich spürbar.
Der Glaube an die Altersstatistik
und an das Zufallsprinzip bei
Todesfällen beruhigt die
Vom Alter leicht Gezeichneten
Und lässt sie zu einem
Weniger schmerzlichen
Gesprächsthema übergehen.
Bis zur nächsten Todesanzeige
Eines Altersgenossen haben
Sie einen Augenblick Ruhe.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 26.03.2014.
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