August Sonnenfisch
Die erste Magnolie
Eintausend Blüten erblühten in dreien Tagen!
Jetzt blühen sie im Choral!
Nach den Monden ihres winterlichen
Innehaltens und Schweigens.
Eintausend magnolienweiße Blüten
erfüllen die ausgewachsene Krone dieses Baumes,
erfüllen diesen Stadtpark,
erfüllen meine menschliche Seele!
Eintausend Magnolienblüten
erkühnen sich, ihren eigenen Frühling zu beginnen
im Anbeginn des kosmischen Frühlings:
ihre Knospen öffnen und ihre Blumenblätter sprießen!
Nun blühen sie für dich und für mich und für den Erdball!
Und sie laden uns ein, bei ihnen zu verweilen,
sie zu atmen und zu schauen
in diesen Stunden der eintausend Blüten!
*
Die Welt ist voller
seelischer und leibhaftiger Morde,
voller Hass, voller Schmerz und
voller unausgegorener Gedanken.
... Und die Welt ist voller blühender
Sternmagnolien- und Tulpenmagnolien-Wunder,
voller elysischer Freude,
voller Weisheit und voller Liebe.
(c) August Sonnenfisch, 27. März 2015 ff
Vorheriger TitelNächster TitelDie Japaner feiern das HANAMI (= (Kirsch-)"Blüten-Betrachten"): d. h. traditonellerweise feiern sie in jedem Frühjahr mit sogenannten "Kirschblütenfesten" die Schönheit der in voller Blüte stehenden Kirschbäume (typischerweise in Parks mit Speisen, Bier und Reiswein). Doch unsere westliche Lebensweise erlaubt es uns i. a. nicht, unsere Blütenbäume überhaupt zu sehen: ich stellte mich in Berlin einmal neben eine blühende Magnolie und beobachtete, wie die Passanten auf sie antworteten: ihre typische Antwort erschütterte mich: es war ein ignorantes Vorübergehen: lediglich ein Kind bückte sich nach abgefallenen Blütenblättern, diesen prächtigen Gebilden - oder ein Liebespaar verweilte kurz und schnupperte mal an den Blüten. Aus dieser Erfahrung ergab sich dann meine Satire (in Gedichtform) DAS MAGNOLIENFEST) ... Auch ich musste vorgestern eine ganze Weile vor dieser (für mich) ersten blühenden Magnolie dieses Jahres 2015 verweilen, bevor ihr Blütenwunder sich meiner Seele erschloss und dann in obiges Gedicht mündete. So ist das mit unsrer Lebensweise. Die für mich auch der eigentliche Grund ist für das kürzliche A-320-Unglück in den Alpen, eine Lebensweise, die uns dazu bringt, uns in unserer Wohnumgebung kaum noch gegenseitig zu kennen, die uns dazu bringt, Theater vor uns selbst und voreinander zu spielen, uns also in Posen zu begegnen jenseits unserer Authentizität, die uns dazu bringt, als krankgeschriebener Pilot einen Flieger mit 150 Menschen zu steuern - und eine aus allen Kräften und Säften blühende Magnolie nicht zu sehen, geschweige denn sie zu bewundern. Doch wir vermöchten das jederzeit zu ändern, also einmal innezuhalten.August Sonnenfisch, Anmerkung zum Gedicht
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 28.03.2015.
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