August Sonnenfisch

Plagegeister des technischen Fortschritts

 


Plagegeister
des technischen Fortschritts



Sie beschallen dich in jedem Foyer,
sie beschallen dich
in jedem Bistro, beschallen dich
in jedem Cafégarten,
beschallen dich und mich
auf jeder Toilette!

Sie belästigen dich mit
schmalztriefenden Schlagern!
Sie belästigen dich mit
Horrorberichten aus aller Welt.
Sie belästigen dich
mit Werbeverheißungen.
Und mit allerlei Lügen und Lügeleien!

   Zur vollen Stunde behelligen
sie dich dann beim
Mittagstisch im Bistro
mit Meldungen aus Wirtschaft und Politik,
mit Meldungen vom Verkehr
und vom Wetter ...
als gäbe es ohne Prognosen
über das Wetter
kein Wetter!

Auf dass wir nichts Eigenes
mehr empfänden,
auf dass wir nichts Eigenes
mehr sähen,
nichts Eigenes mehr
dächten.

Selbst in den winterlichen Bergen
auf zweitausend
Metern über dem Meer

greifen sie nach dir :
Auf der Terrasse einer Alm.
Auf der Piste.
Im Lift und in der Gondel.

Ebenso skrupellos wie fraglos
traktieren sie dergestalt
deine Sphäre, deinen Leib,
deine Seele und
deinen Verstand!

Deine Wort, die Beschallung
zu doch stoppen, wird
ebenso abschätzig 
wie abschlägig beschieden.
Deiner Bitte, den Beschallungspegel
herunterzufahren,
in Glücksfällen einmal
entsprochen.
Doch sie belächeln dich als
einen komischen Kauz - dich,
der die Lifte bezahlt, 
die Bistros finanziert, 
die Trinkgelder und die Gehälter!

*
Auch mit den Programmen der Television
programmieren sie
dich allerorten:
in deinem Hotelzimmer,
in der U-Bahn, im Intercity, 
in all den Wartebereichen
öffentlichen Lebens:
Sie belämmern dich mit
banalen Reportagen
von Kämpfen und Krämpfen im Sport.
Sie belämmern dich mit
aufgeplusterten
Interviews ohne Tiefgang.
Und sie verheißen dir
ihr Werbungs-Paradies-auf-Erden.

Indoktrinationen zu Hauf
unter den Aushängeschildern von 
Freiheit und Würde:
Die Ökonomie benötige
Immigration -
welche man den Konsumenten
als einen humanitären
Gestus verkauft.
Die Ökonomie benötige
Käuferinnen
und Käufer - unsere wirklichen
Bedürfnisse jedoch
sind ihnen Anathema.

Und Volksabstimmungen verpönen
die Mächtigen noch immer.

Das Eigene in dir und mir:
sie fürchten es wie die Pest.
Das Eigene in mir und dir:
sie manipulieren es mit
diabolischer List.
Das Eigene in uns:
sie meuchel-
    morden es nach Kräften.    

*

Und pflichtschuldigst beschallen 
wir uns selbst: ein jedes
Mitglied dieser Zivilisation
befummelt ein Smartphone-to-go.
 Und eine Minderheit
befummelt gar
einen Minicomputer-to-go,
ein "Tablet" im
Modernisierungsjargon.

Dergestalt computerisierte Menschen
reden nicht mehr mit leib-
haftigen Menschen:
Gleich Robotern befassen
sie sich mit ihrem
Smartphone-Display.
Gleich Autisten befassen
sie sich mit ihrer
Tablet-Tastatur.
Ebenso emotionslos wie rastlos.

So rauben wir uns die eigenen
Rhythmen
 unserer Natur.
So rauben wir uns das Blut
und den Puls
unseres Lebens.
Als Surrogat dokumentieren wir
alles und nichts
in smarter Weise
auf unserem Smartphone und
unserem Tablet. 

*
Im Gasthof ZUM BÄREN jedoch,
da liebt man seine Gäste
wie in verflossenen Tagen:
keine Beschallung durch
einen Sender, kein
Beflimmern und Beflackern
durch eine Television!

Doch um vierzehn Uhr, zum
Ende der Kochzeit,
da gesellt der Chef sich
zu seinen Gästen.

Und keiner der Speisenden
flieht in eines dieser
virtuellen
Kästchen,
die von tyrannischen Machern
als "Smartphone" propagiert.








(c) August Sonnenfisch, Zell am See,
31. Jänner 2016 ff



  

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