Michael Steinhoff

Der Mindestlohn spiel mit der Null

Ein Mensch erbat von Gott gar sehr:
„Zehn Euro – Mindestlohn – o Herr“!
Und da der etwas rechnen kann,
spricht er: „Es sei so, lieber Mann,
wenn du sehr fleißig, übers Jahr,
zweitausend Stunden rackerst gar,
da kommen Zwanzigtausend raus,
und etwas Steuern zahlst du auch,
plus Rentenkasse und SV -
die Daseinsvorsorge ist schlau -,
dann hast du jeden Tag zum Leben,
bei dreißig  Euro  -  auszugeben“.
 
Da kam ein anderer Mensch daher,
der sprach:  „Ich bin Politiker,
ich trag Verantwortung gar sehr,
drum, lieber Herr, gib etwas mehr!“
 
Der fragt: „Und wie viel soll es sein?“
„Nur eine Null mehr, das währ fein,
doch nicht beim Stundenlohn –Betrag,
weil ich nicht Stunden zählen mag,
schieb mir die Null in das Salär,
der Jahressumme, bitte sehr“.
 
Gott spricht: „Na ja, es muss wohl sein,
nimm du Zwei-Hundert-Tausend ein,
zieht man davon die Lasten ab,
hast täglich Dreihundert du schlapp,
kannst sorglos in die Zukunft sehn,
brauchst nicht den Penny um zu dreh’n“
 
Nun kam ein Dritter um zu Bitten,
der kannte schon  bisher’ge Sitten,
er sprach: „Ich bin ein Arbeitgeber,
für Schweißer, Bäcker, Leineweber,
mein Engagement und meine Kraft,
hat unsern Volkwohlstand geschafft,
ich denke deshalb, bitte sehr,
dafür gebührt mit etwas mehr“.
 
Der Herr denkt nach und ahnt es schon,
jetzt kommt die nächste Null davon:
„Du meinst all so mit Zwei-Millionen,
soll man dich für dein Tun entlohnen,
dann zahlst du Steuern, ohne knausern,
so an die neun mal Hunderttausend.
Und dennoch hast du nach der Steuer,
Dreitausend täglich, für’s Herdfeuer;
wie willst du die denn nur verleben?“
„Die investier ich grad mal eben,
in Technik – leichter wird das Leben“,
sagt unser Wirtschaftmotor knapp,
(und denkt:  - baut Arbeitskosten ab -).
 
Und auch ein Vierter kommt zum Herrn,
um seine Wünsche, sein Begehr’n,
vor dessen Ohren zu verkünden,
und einen Vorteil raus zu schinden.
 
„Ich bin der, der die Werte schafft,
wenn Loch im Bundeshaushalt klafft,
ich leite eine große Bank,
und da gebührt mit doch zum Dank,
noch eine Null, sieh das gleich ein,
noch eine Null, die muss hier sein.“
 
Der Herr, der runzelt sehr die Stirn:
„Ich will nichts mehr von Nullen hörn,
es geht nicht  Dreißigtausend eben,
an jedem Tage  auszugeben,
die Nullen sind auch alle  alle,
ich kann nichts tun, in deinem Falle.“
 
„Herr!, wenn’s an Nullen dir gebricht,
nimm eine weg vom ersten Wicht,
von mir aus auch vom Zeiten, Dritten,
Herr hör’ auf mich.  erfüll die Bitten!,
ich will die Zwanzig-Millionen,
die mich für meine Macht entlohnen. 
Denn,  Herr, du hast ja keine Ahnung,
das Geld regiert die Welt mit Planung!
Wenn ich und meinen Bank-Kollegen,
für Staatsbankrott die Schlingen legen,
dann zittert deine schöne Welt,
und es ist schlecht um dich bestellt,
dann sammeln Müller, Schulze, Meier,
bald Geld für die Bestattungsfeier“;
und meine Welt ist ohne Dich,
viel besser dran“ – der Banker spricht.
 
Doch neulich las ich in der Zeitung,
-Ach,  lieber Gott, man glaubt es kaum -,
glatt Tausend Jahr’ müsst Banker rackern,
noch, für seinen Spitzen-Traum.
 
Siebzehn-Komma-Zwei-Milliarden,
- Drei Nullen mehr! - wiegt Aldi Süd;
seine Urgroßeltern sangen,
im zur Lehr das Wiegenlied:
‚Wer den Armen hilft, mein Kind,
den belohnt der Herr geschwind;
und ist der Handel noch so klein,
er bringt doch mehr als Arbeit ein!’
 
So ernährt der Mindestlohn,
ab dem ersten Euro schon,
den, der ihn aus deiner Hand,
nimmt zu seinem Kontostand.
 
Kieselstein  6/2011
(Kirchentag Dresden 2011 – meine Reimerei zum Thema)
 

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