Christina Gerlach-Schweitzer
Liebeserklärung an diesen einen Planeten mit Regenwald
Der beste Zeitpunkt einen Baum zu pflanzen war vor zwanzig Jahren,
der zweitbeste Zeitpunkt ist heute.
Afrikanisches Sprichwort
Vor dreizehn Milliarden Jahren,
der Beginn
für hundert Milliarden mal hundert Milliarden Sternenhaufen.
In einem davon,
viereinhalb Milliarden Jahre vor unserer Zeit,
in einer Wolke aus Gas und Staub,
wird unsere Sonne geboren und ihre Planeten,
auf dem Orionarm einer Spiralgalaxie,
die wir unsere Milchstraße nennen.
Hundertfünfzig Millionen Kilometer von dieser Sonne entfernt,
kreist ihr drittnächster Begleiter,
eine feurige Kugel, sechshundert Grad heiß,
bestehend aus Nickel und Eisen,
gehüllt in Helium, Wasserstoff und ein Magnetfeld,
bombardiert durch Asteroiden,
unsere Erde,
Sternenstaub.
Sechs Stunden dauert damals ein Tag.
Bald schon ist die Erde begleitet vom Mond.
Sie strahlt ihre Wärme ins All und kühlt ab.
Regen fällt.
Urgewaltige Wolkenbrüche donnern und tosen
vierzigtausend Jahre lang.
Die Kruste der Erde erhärtet, Ozeane werden geboren.
Vier Milliarden Jahre ist das jetzt her.
Saurer Regen zersetzt das Gestein,
Salz gelangt ins Wasser der Meere.
Vor drei Milliarden Jahren
entstehen Cyanobakterien,
bilden durch Photosynthese Sauerstoff,
das Gift der vergangenen Zeit,
bis zur Großen Sauerstoffkatastrophe
im Präkambrium,
vor zweieinhalb Milliarden Jahren.
Die Lebensformen sterben aus.
Schneeballerde entsteht,
doch Vulkanausbrüche erwärmen sie wieder.
Langsam bildet sich eine Ozonschicht,
der Schutzschild unserer Welt,
seit siebenhundert Millionen Jahren.
Die Kambrische Explosion kann sich ereignen,
vor fünfhundertdreißig Millionen Jahren.
Danach – im Ordovizium, Silur und im Devon der Panzerfische
entwickeln sich schnell verschiedenste Arten von Tieren.
Und dann, im Karbon verdichtet sich der Sauerstoffanteil
bodennah bis auf fünfunddreißig Prozent.
Dreihundert Millionen Jahre ist das jetzt her.
Amphibien und Reptilien erobern das Land.
Riesenlibellen bevölkern die Luft,
bei hoher Dichte fliegt es sich leicht,
und monstergroße Krabbeltiere
kriechen durch sumpfigen Wald,
durch Bärlapp und Farne, die vierzig Meter hoch ragen.
Im Wasser zerteilen die letzten Panzerfische
noch Riesenhaie und Ammoniten.
Feuersbrünste rollen über die Welt.
Kohle entsteht in den Sümpfen, Methangas wird frei.
Die Erde wird wärmer, die Atmosphäre heizt auf,
Methanhydrat entweicht dem erwärmten Ozean.
Der Kohlendioxidanstieg versauert das Wasser.
Vulkanausbrüche erwärmen die Welt,
Schwefel und Chlor in der Luft.
Die Tiere sterben, fast alle. Das Klima schwankt.
Der Sauerstoff sinkt auf fünfzehn Prozent.
Und zweihundertfünfzig Millionen Jahre vor unserer Zeit,
zwischen Perm und Trias
kommt es wieder zum Massenaussterben,
zur Großen Katastrophe.
Doch fünfundzwanzig Millionen Jahre später,
in Trias, Jura und Kreide,
erwachen Dinosaurier, stampfen und fliegen durch ihre Welt,
bis ein Meteoriteneinschlag den Himmel verdunkelt,
und die Erde kühlt ab.
Die Dinosaurier sterben aus und die Ammoniten im Meer,
vor fünfundsechzig Millionen Jahren.
Danach erst beginnt die Geschichte des Menschen.
Seit mehr als sieben Millionen Jahren
entwickeln sich Menschenaffen und Hominiden,
bis vor dreieinhalb Millionen Jahren,
Lucy unsere Welt betritt,
der Australopithecus afarensis,
Bindeglied zwischen Affen und Menschen,
der ein Meter große, erstmals aufrecht gehende Vormensch,
mit kleinem Gehirn.
Australopithecus wandert in der Wiege der Menschheit,
in Afrika.
Dort entwickelt sich dann,
vor zwei Millionen Jahren,
Homo erectus, als erster Mensch.
Der aufrecht gehende Jäger und Sammler,
mit Steinwerkzeugen und eigener Sprache,
der seit einer Million Jahren
auch dazu fähig ist, Feuer zu machen.
Von diesen afrikanischen Menschen, Homines erecti,
wandern einige aus nach Asien, andere ziehen nach Europa.
Sie werden hier zum Homo Heidelbergensis und später,
vor zweihunderttausend Jahren
dann zum Neandertaler,
der Mammuts erlebt, Säbelzahnkatzen und Höhlenlöwen.
Dann wird es bitter kalt in Europa.
Und dreißigtausend Jahre vor unserer Zeit
verschwindet der Neandertaler wieder aus der Welt.
Aus den Homines erecti aber, die in Afrika geblieben waren,
die nicht auf andere Kontinente gezogen waren,
entwickelt sich dort,
zeitgleich zum Neandertaler in Europa,
auch vor zweihunderttausend Jahren,
der Homo sapiens.
Wir.
Dieser einzige Stamm, der heute die ganze Erde bevölkert.
Wir alle kommen aus Afrika.
Auch Sapiens wandert wieder, wie Homo erectus vor ihm,
nach Asien und nach Europa,
um Beute zu machen, um satt zu werden.
Fünfzigtausend Jahre ist das jetzt her.
Das Feuer beherrschend,
braucht er sein Essen nicht mehr stundenlang kauen,
so bleibt ihm Zeit zum Töpfern, Schmieden, für Musik, Malerei,
Gesetze, Nautik, Baukunst, Handel, Schrift und Hygiene.
Und er vermehrt sich.
Bis heute. –
Jetzt
Jetzt rottet er aus, in nur hundert Jahren,
Tiere und Pflanzen, den Regenwald.
Täglich sterben durch uns, auf unserem Planeten,
einhundertfünfzig Tierarten unwiederbringlich aus.
Allein in Deutschland
verbrauchen wir jeden Tag
dreißig Millionen Meerestiere,
zwei Millionen Landtiere
und neunzehntausend Versuchstiere.
Für ein einziges Land auf dieser Erde töten wir
zwölf Milliarden Tiere jedes Jahr.
Zusätzlich holzen wir den Regenwald unseres Planeten ab
für Tierfutteranbau, zehn Quadratkilometer
in jeder Stunde.
So töten wir das Herz und die Lunge unserer Welt,
Baum für Baum,
bis zum Jahr Zweitausendfünfundvierzig.
– 2045 –
Dann ist der letzte Regenwaldbaum gefallen
und mit ihm alle Pflanzen und Tiere seines Biotops.
Der Mensch weiß, dass ohne Wald das Kohlendioxid ansteigt.
Er weiß, dass dadurch der Treibhauseffekt unsere Welt erhitzt,
der Wüsten verursacht, steigende Meeresspiegel, tobende Stürme,
die Menschen töten und Tiere und Pflanzen.
Obwohl er das weiß,
erstickt und verwüstet Sapiens diesen Planeten
immer weiter, aus purer Habgier,
rabattiert die Verwüstung der Welt mit Vielfliegerkarten,
vergiftet Bienen und andere Tiere und Pflanzen.
Der Mensch weiß längst, dass er aufhören muss,
Tierfleisch zu essen, weil die Massentierhaltung die Erde zerstört.
Und er weiß auch, dass er das Feuer nicht beherrscht,
das er als Atomkraft neu in die Welt getragen.
Atomkraft, die die Luft unserer Erde vergiftet
und die das Wasser unseres Planeten verstrahlt.
Sapiens erwartet die Katastrophe
aus belgischen, tschechischen, türkischen und anderen Meilern.
Weltweit altern vierhundert Stück, mit rissigen Wänden,
gebaut auf einer Erdschicht, die sich verschiebt,
schwimmend auf einem Eisenkern,
glühende sechstausend Grad heiß, Atommeiler neben Vulkanen.
Niemand weiß wohin mit dem Abfall nuklearer Prozesse.
Jedes Atomkraftwerk ein statistisches Risiko mehr,
Erde und Menschen zum Gau zu führen.
Er weiß es, Homo sapiens, und er spielt mit seinem Feuer.
Herostratenruhm.
Die Zeit ist gekommen für den besseren Menschen,
liebend und achtsam, mehr Bäume pflanzend, als er verbraucht,
zum Schutz der Atmosphäre und des Klimas unserer Welt,
damit unsere Kinder, Tiere und Pflanzen
Luft haben werden zum Atmen.
Es ist Zeit, ihm die Wiege aufzustellen,
dem Homo protector sensibilis unserer Zukunft
in Moskau, in Peking, Tokio, Delhi, Silikon Valley,
in Rio, Ostafrika oder in Bonn,
besser noch in jedem Herzen,
mit Sehnsucht nach Sanftmut für diese Welt,
für eine Zukunft
dieses lebendigen, kostbaren, so zarten,
wunderschönen blauen Planeten im All.
Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Christina Gerlach-Schweitzer).
Der Beitrag wurde von Christina Gerlach-Schweitzer auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 10.04.2016.
- Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).