Diethelm Reiner Kaminski
Lang gelebt
Er blickt zurück mit hundert Jahren:
Viel Schmerz und Leid hat er erfahren.
Von all den Krankheiten, die es so gibt
(zehntausend etwa sind bekannt),
sind Hunderte ihm nachgerannt.
Die Ärzte haben ihn geliebt.
Er hat in Kliniken mehr rumgelegen,
als dass sein schickes Haus ihm Trost gegeben.
Mehr Zeit verbrachte er mit Warten
auf lebensrettende OPs
und mit der Pflege zahlloser Wehwehs
als in den Sommermonaten im Garten.
Die Freunde sind ins Jenseits längst gefahren,
teils in die Hölle, teils ins Paradies,
was er selbst tunlichst unterließ.
Nur Krankheit leistet ihm Gesellschaft,
und Hoffnung auf Genesung gibt ihm Kraft.
Zwar fragt er sich, was besser wär gewesen:
Ein kurzes Leben, glücklich, lustig und erlesen,
oder ein langes, schweres voller Qual –
ein Leben wie am Marterpfahl,
doch sagt er sich, bevor man ihn begräbt:
Er hat alle Gesunden überlebt.
Sie hätten Grund gehabt, ihn zu beneiden.
Nur er allein durfte am Leben bleiben.
Er ist ein Kranker und Gequälter,
doch ein vom Schicksal Auserwählter.
04 - 11 - 2016
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 04.11.2016.
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