Inge Hoppe-Grabinger
Meine alte Gegend (ein Berlin-Gedicht)
Ich kam vorbei in meiner alten Gegend,
die war, nun ja, bestimmt nicht weltbewegend.
Das Haus, in dem ich damals lange wohnte:
die Miete billig, dass sich's Bleiben lohnte.
Ich seh mich dort mit tausend Büchern hausend,
es gab noch Ofenheizung nach 2000.
Im Keller gab es Kohlen, Koffer, Ratten
und Holz, gesägt bei Grusellicht mit Schatten.
Das Haus besteht noch - die Menschen weggewedelt -
vom Keller bis zum Dach finanzveredelt.
Die neuen Mieter haben Stuckrosetten
und kaufen statt Zitronen nur Limetten.
Der Bäcker gegenüber kam abhanden,
weil Immobilienfritzen sich einfanden.
Die Kneipe hat das Handtuch längst geschmissen,
stattdessen gibt es Sushi-Leckerbissen.
Der Zeitungsladen hat auch aufgegeben,
an Cafétischen füllt man mails mit Leben.
Der Blumenladen konnte sich nicht halten.
Mit Coaching kann man da sich neu entfalten.
Wo's Seife einmal gab, erwirbt man Geigen,
um VORHER - NACHHER stilvoll anzuzeigen.
Ach, wo mal war die schöne Glaserei,
da dreht sich fein vom Anwalt die Kanzlei.
Mein letzter Bick gilt meinem alten Haus.
Schaut da nicht wer durchs Fensterglas hinaus?
Parterre, wo ein alter Mann gewohnt,
kann's sein, dass hier ein Luxus-Hündchen thront?
Behängt mit Strass? Er kläftt und zeigt es mir:
PISS OFF ...... das ist nicht dein Revier ..........
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Ich musste hier im Gedicht so einiges weglassen, z.B. ein aufgegebenes
Atelier .... , die neue Kaffee-Rösterei .... Vor dem Geigenladen stand ich
lange, völlig verbüfft. Aber die Krönung war wirklich der
exquisite Hundemode-Luxusladen.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 26.12.2016.
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