Andreas Vierk

Fuga vom Glanz, vom Kuckuck und vom Kolibri IX-XII

IX
 
 
Der Kolibri auf deinem Schlüsselbein,
die Nerven – deine Meeresschauerwellen –,
Zerrüttung deiner zarten Pulslibellen:
Der Kirschbaum blüht. Unmöglich, hier zu sein.
 
Das Dasein hier: absurde Kostbarkeit.
Das Leben hier: des Berges Kolibri.
Das Sterben hier: Versinken in das Nie,
ein Nichtgewesensein von Glück und Leid.
 
Als Keimling wurdest du zuletzt geboren,
als Bitterschatten bist du dann erwacht
und taumeltest in eine Liebesnacht
und sehntest dich doch immer zu den Sporen.
 
***
 
Die Liebe muss für immer sein! Für immer!
Der Kolibri ist ferner Gletscherschimmer.
 
 
 
X
 
 
Der Kolibri ist ferner Gletscherschimmer.
Er spiegelt sich auf allen Fensterscheiben,
als wollte er in deinen Adern bleiben.
Schon scheint ein Vogelmorgen in dein Zimmer.
 
Der Glanz des Meeres ist ein Kolibi.
Der Glanz der Tiefe ist ein Tintenfisch.
Der Glanz der Seele scheint auf deinen Tisch
und tanzt verrückt zur Daseinsmelodie.
 
Erschreck nicht, wenn der schwarze Ibis schreit.
Du bleibst. Du löst dich nur aus Illusionen.
Aus deiner Seele weicht ja nur die Zeit.
 
Du mündest in die Ewigkeitsäonen.
Dein Atem flirrt. Noch will man dich verschonen.
Der Kolibri – dein Atem weiß und weit.
 
 
 
XI
 
 
Der Kolibri – dein Atem weiß und weit.
Sein Rachen will das ganze Sein verschlingen,
doch muss ein schwarzer Schatten in ihm singen:
der Ibis Tod, sein Schnabel Ewigkeit.
 
Wie süß ist das fragile Erdenleben!
Sein Glanz ist eine weiße Lotosblume.
Dein Tod ist Rückkehr in die Ackerkrume.
Du bist Membran, Erschütterung und Beben.
 
Man will nur leben und verdrängt den Tod.
So blutet man in einen Wiesenrain,
so fällt man Tag um Tag ins Abendrot.
 
Glanz ist die Kuckucksbrust, ihr Sternenschein.
Die Schwinge Glück, die rote Schwinge Not:
Das ganze Leben muss ein Vogel sein.
 
 
 
XII
 
 
Das ganze Leben muss ein Vogel sein,
so meinst du, und bist dennoch transzendent,
weil deine Seele ihre Gottheit kennt
und weiß: sie mündet singend in sie ein.
 
Und doch erschreckst du wenn der Ibis schreit
und wenn der Kuckuck deine Not verlacht.
Du saugst das Sein ins Blut, die Liebesnacht,
schreibst Vers um Vers in die Zerbrechlichkeit.
 
Wir tanzen in den Gittern und Gestängen.
Man straft uns nicht, wenn wir am Leben hängen.
Wir sind in Gott, und nur getäuscht von Zeit.
 
Alles verändert sich. Es ist nur Schimmer,
nur Abglanz auf der Haut der Ewigkeit.
Das ganze Leben flieht. – So bleibt’s für immer.

 

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Andreas Vierk schreibt seit seinem zehnten Lebensjahr Prosa und Lyrik. Er verfasste die meisten der Gedichte des „Septemberstrands“ in den Jahren 2013 und 2014.

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