Beate Loraine Bauer

Paula

Bauer Beate Loraine Oktober 2016



 

Paula

Als sehr junges Mädchen kam
ich zu lieben Menschen,
die mich mit herzlicher Sehnsucht
ein schönes Willkommen bereiteten.

Es störte sie wenig -
das ich noch allerhand süßer Flausen
im Köpfchen hatte.
Da ich aufgeweckt bin und klug -
bemerkte ich schnell
wie wohl zugetan sie mir waren
und da Liebe bekanntlich
auch über den Magen geht
waren feine Leckerlies an der Tagesordnung.

Herrchen wie Frauchen zeigten mir
mein Außenreichspuren -
wo ich so vieles entdecken durfte.
Wenn es draußen mal regnerisch war
und das um die nassen Pfützen laufen
keinen Spaß mehr machte -
freuten wir uns gemeinsam
auf das gemütlich warme Plätzchen Zuhause.
Da kuschelten wir dann miteinander
oder ich bekam Streicheleinheiten.

Bei einem dieser Erkundungsspaziergänge
lernte ich Frau B. kennen.
Ich konnte sie sofort gut riechen und leiden.
Wenn sie mich sah – wie ich mit Herrchen
meine Runde drehte -
richtete sie einen leckeren Begrüßungskeks vor.
Ihre Augen strahlten und natürlich
erfolgte zügig ein genüssliches Kraulen.
Die Menschen redeten zusammen -
für mich wenig verständliches…
doch diese kleinen Begegnungszeitfenster
gestalteten eine freundliche Innigkeit.

 

Bald lotste ich mein Herrchen
mit sicherem Dackelschritt auf diese
Nachbaradresse hin -
wo für mich eine Menschensonne aufging.

Wir mochten uns so richtig.
Sie hatte früher auch einen Dackel -
also eine gewisse Erfahrung,
was man mag oder einem Gefallen könnte.
Mein charmantes Dackellächeln
versetzte sie in pure Verzückung.

 

Ich wuchs zu einer ganz besonders
schönen Dackeldame heran.
Mein Herrchen folgte mir wunderbar.
Konnte mir nichts abschlagen.
Deshalb ging er gerne mit mir
meine Wunschwege – wo es
interessante Duftnoten-SMS zu lesen
gab oder zu Frau B.

 

Doch im Gezeitenbogen des Seins
geschah es – das sie mich nicht
schon freudig erwartete -
die Haustüre geschlossen war.
Ratlos saß ich vor dem Gartentürchen.
Herrchen zog mich weiter.
Ich verstand nicht was da los war.

Wir gingen nun andere Erkundungsrouten -
doch ob mit Frauchen oder Herrchen
zwischendrin liefen meine Hundebeinchen
schnurstracks zu Frau B.
Ich saß da und wartete.
Diesen treuen Hundeaugen – wusste ich – konnte
sie nicht wiederstehen.
Meine Menschen erklärten mir – sie
sei im Krankenhaus, weil sie krank sei.
Ist mir unbekannt – versteh ich nicht.

 

 

 

Tagesblätterzeiger rutschen weiter -
zwischen Wetterwolken und den Seins-Erlebnissen.
Es folgten intensive Begegnungen
und wieder diese komischen Aufenthalte -
wo ich sie nicht sehen konnte.
Da war ich echt traurig.
Sie fehlte mir so – wo war sie bloß?

Ihre Tochter rief bei Frauchen an
und erzählte ihr das die Mutti
nun wegen der schweren Erkrankung
im Pflegeheim sein müsste -
doch da dürften auch Hunde rein.

 

Mein Frauchen überlegte nicht lange -
sie hat ja das Herz am rechten Fleck -
und so fuhr ich mit ihr und dem Auto dorthin.
Sonst fällt mir ja viel ein – was
Hund so anstellen können,
mit treuem Augenaufschlag -
doch ich war so beschwingt gespannt
dass ich mich von meiner allerbesten Benimmseite zeigte.

Ja – und Frau B. lag schwach und mager
in diesem weißen Bett,
zuerst vorsichtig ging ich näher ran.
Ihre Augen begannen wie Sterne zu funkeln.
„Paula – meine liebe Paula ist da“, rief sie.
Wir begrüßten uns.

Ich kuschelte mich zu ihr hin -
mein Schwanz wedelte
und ich schmiegte mich an sie.
Während die beiden Frauen sprachen
war ich total brav und am
Schluss des Besuches hob mich
mein Frauchen nochmal zu Frau B. hoch.

Sanft streichelte sie mich -
flüstere wertschätzende Worte in mein Ohr.
Ich lächelte sie dankbar an.
Wir waren wirklich beste Freunde.


Nachdem dieser Besuch so gut gelaufen war.
Frauchen wie ich und Frau B.
trotz der Krankheit und spürbaren Traurigkeit
ein so wichtiges Seelensonnenstrahlgefühl
miteinander lebten - teilten – vervielfältigten,
besuchten wir sie öfters.
Ich spürte es schon – wenn es dorthin ging.
Frau B. und ich
ja das war was ganz besonderes.
Diese inneren Freudenwellen
hielt nachhaltig an.
Begleitete noch danach kostbare Stunden.

 

Mit meinen Augen sprach ich mit ihr -
sie verstand meine Sprache -
Herzen die einander hören – erkennen.

Graue Nebelschleier von Sorgen
und schleichendem Tod
gestalteten unsere Stippvisiten
zu tiefen Begegnungs-Sinn-Schätzen.

Als der Tod näher an Frau B. trat
besuchte ich sie nochmal -
ihre liebevolle Verbundenheit mit mir
wie umgekehrt
schenkten zauberhaft tröstende Begegnungswelten.
In der eine andere Form von
Helligkeit – Erfüllt sein – Verstehen
und stille Dankbarkeit
zufriedene Erfahrungsufer erlangten.

 

Auch heute noch führen mich meine
Dackelbeine an bestimmten Tagen
exakt zur Haustüre von Frau B.

Es hätte ja sein können – das
unsere Liebe so magisch ist,
das sie Wunder bewirken kann.
Ich sitze dann so brav und mit
klopfendem Herzen vor der Türe.
Meine Augen blicken sehnsüchtig hin -
ob sich die Türe vielleicht doch öffnet.
Wunder geschehen…

 



Mein Frauchen wartet geduldig und meint
dann besänftigend das Frau B. schlafen würde.
So lange ohne mich.
Wer weiß – meine treuen Dackelherzaugen
und Beine probieren es immer wieder,
weil ich unsere besonderen Freundschaftsbande
stark gegenwärtig wahrnehme.


Über Leben und Tod verwebt miteinander.
Das begreifen nur wenige Menschen -
doch wir Hunde wissen was Treue beinhaltet
über alle Atemspuren hinaus.



 

 




 

 



 

 

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