Patrick Rabe

Privatsachen

 

Ich bin deine Privatsache.

Du würdest mich gerne geheimhalten,

in den Falten deiner Seele verstecken,

verschlucken, zudecken, vor dir selbst noch verbergen.

 

Du schämst dich für mich.

 

Doch ich bin ein Kind.

Dein Kind.

Ich will leben.

Und alles, wofür du dich schämst, auf die Bühne bringen.

 

Du hast verloren. Ich bin doch schon da.

Einen Moment nicht aufgepasst

und schon bin ich dir aus dem Uterus geschlüpft.

Tja, Pech gehabt, Ätschibätsch!

In der Endzeit gibt es keine Privatsachen mehr.

Alles muss auf die Bühne, alles wird ausgeplaudert,

gnadenlos durch Facebook genudelt, bis es jeder weiß

und jeder deine Innereien sieht!

 

Ich bin dein ungeliebtes Kind.

Ich will atmen, leben, lachen, tanzen.

Du hast verloren. Ich bin doch schon da.

Ich habe schon längst deine mit Kacke gefüllten Därme

vor der Welt ausgeschüttet.

Du musst mich nicht mehr ersticken, verhindern, abwürgen.

Schau hin.

 

Ich bin deine Seele

in einem anderen Körper.

Ich musste raus aus dir, weil ich da sein wollte.

Ich bin nicht privat. Ich bin öffentlich.

Alles ist entblättert vor den Augen des Schöpfers.

 

Der Schöpfer sieht dich.

Du bist öffentlich für ihn.

Aber er beurteilt dich nicht.

Er lehnt dich nicht ab.

Er liebt dich.

 

Und jetzt schau, wie schön ich bin.

Nein, nicht hässlich.

Schön.

Nichts beschämendes, nichts ekliges.

Sondern etwas wunderschönes, zartes, klingelndes,

wie Kinderlachen, Fröhlichkeit, Geborgenheit.

Liebe.

 

Ich bin du.

Sieh nicht weg.

Sieh hin.

und erkenne, wie schön du bist.

Und dass du geliebt bist.

 

Und jetzt lieb doch auch mich.

Denn ich hungere so nach deiner Liebe.

Ich bin ganz wund und nackt

und ich weine.

Hab mich doch bitte lieb!

Versteck mich nicht länger.

Lass mich ans Licht.

Ich möchte leuchten!

 

Was du damals nicht sagen durftest.

Wofür man dir eine gewatscht hat.

Was man dir klein verkrumpelt

und in deine Seelenfalten gestopft hat.

 

Das darfst du jetzt sagen.

Das darf jetzt sein.

DU darfst jetzt sein.

Du darfst leben.

Du musst dich nicht entschuldigen.

Du musst dich nicht schämen.

 

Du bist willkommen!

Wie schön, dass du geboren bist, und hast Geburtstag heut.

Komm in meinen Arm.

Ich hab dich unendlich lieb.

Amen!

 

 

 

 

 

 

© by Patrick Rabe

8. Juni 2017, Hamburg.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 08.06.2017. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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