Horst Fleitmann
Verborgene Kunst
Ein Dichter hat sich eingerichtetzu reimen, was schon angedichtet.
Sitzt sinnend guter Ding‘ daheim,
sucht krampfhaft nach verborgnem Reim.
Grad will er seinen Vers vollbringen,
da hört er‘s an der Haustür klingeln.
Ein Freund steht lachend vor der Tür,
lädt den Poeten spät zum Bier.
Der Kerl jedoch ist heut‘ nur Last,
denn Dichten geht nur ohne Hast.
Erdachter Vers war zwar der Clou
doch plötzlich ist er weg, im Nu.
Er fällt, denkt er, ihm wieder ein,
beim Trunk im Gasthof Jägerheim.
Mit Freund, dem Grund für‘s Versversagen,
begibt er sich zu Bier und Klarem.
Der Dichter tut's dem Freunde gleich
und trinkt‘s Gehirn sich windelweich.
Sehr spät, so zwei Promille weiter,
kommt er zurück, der Vers, ... noch heit‘rer!
Schnell hat er ihn mit flinker Hand
notiert, bevor der wieder schwand.
Der Dichter trinkt sich noch acht Bier
Und torkelt heim so gegen vier.
Schon früh, im ersten Mittagslicht,
liest und versteht den Vers er nicht,
der mit dem Freund beim letzten Bier
noch korrigiert wurd' auf Papier.
Der Suff hat seine Ausdruckskraft
bei zwei Promille hingerafft.
So bleibt die Blüte seiner Kunst,
vorerst, wie schad‘, verborgen uns.
© Horst Fleitmann 9/2017 Vorheriger TitelNächster Titel
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 14.09.2017.
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