Heike Henning
Bürgerfreundlich?
Ein teures Amt, das sehr bekannt,
raubte mir kürzlich den Verstand.
Grundehrlich und präzis, das ist doch klar,
hatt´ ich mit ihm zu tun, am End´ vom Jahr.
Hatt´ Unterlagen abgegeben,
leider ganz knapp nur, vor der Frist.
Nun wollte ich mal telefonisch wissen,
ob der Brief auch angekommen ist.
Nur diese Frage, ganz lapidar,
verdarb mir am End´ das alte Jahr.
Denn nun gesucht hatt´ ich Kontakt,
zu dem Beamten, der zuständig
für den Kontrakt.
Mein Ruf per Phone, ganz kurz und knapp,
wurd´ nicht gehört, weil ich zur falschen Zeit
gerufen hab.
Ich fand die Öffnungszeiten der Behörde
auf dem letzten Brief, so wie sich´s gehörte.
Doch hatte ich mich nicht verguckt:
Heut´ war dort offen – hier stand´s gedruckt!
Etwas verdutzt, das war ich schon
und wiederholte die Aktion.
Am andern Ende blieb es still.
Was ich als Bürgerlein auch will!
Und wie es meistens dann so geht -
am Ende blieb nur´s Internet.
Also, die Kiste eingeschaltet
und´s Amt gesucht, das mich verwaltet.
Dreimal getippt, ein Mausklick auch,
hier stand die Info, die ich brauch´:
Die Nummer stimmte, war o.k.,
und Öffnungszeiten?
Ich glaubte nicht, was ich da seh´!
Nur vormittags, von acht bis zwölfe,
gibt’s telefonisch für mich Hilfe.
Das war ´ne völlig andre Zeit!
Ich dacht´, jetzt ist´s bei mir soweit.
Verglich mit meinem Formular -
´ne andre Zeit hier angegeben war!
„Na gute Nacht!“, dachte ich mir.
Wenn ich ein Mann wär´, bräucht´ ich Bier.
Doch weil ich auf Gesundheit steh´,
trank ich stattdessen Ginseng-Tee.
Ich unterdrückte jeden Fluch
und startete ´nen Zweitversuch,
vormittags, von acht bis zwölf.
Lieber Gott, Maria – hilf!
Und tatsächlich, ich hielt inne –
dieses Amt hatt´ eine Stimme!
Ein netter Herr, am andern Ende,
mir seine Aufmerksamkeit schenkte.
Mein Problem konnt´ er nicht lösen,
die Kollegin – dafür zuständig -
war im Urlaub grad´ gewesen.
Sorgen bräucht´ ich mir nicht machen,
der Brief würd´ schon da sein, dabei tat er lachen.
Da hatte ich (noch ohne Klage),
´ne komplizierte Zwischenfrage:
Warum, weshalb, so wollt´ ich wissen,
steht da ´ne falsche Zeit?
„Ach sehn Sie´s bitte nicht verbissen,
das Formular ist korrekt, die Ersteller gescheit:
Die Zeit variiert, klugerweise, das ist
modern und nennt sich Gleitzeit, sehr weise!"
Ich war verwirrt. Und resigniert.
Von wem bitte, werd´ ich regiert?
Wer ist für wen denn hier nun da?
Hab´ ich das völlig falsch verstanden,
oder kam Bildung mir abhanden?
Der Staat ist für die Bürger da.
So hatte ich´s gelernt.
Doch augenscheinlich, offenbar,
hatt´ man von diesem Lehrsatz sich entfernt --.
Ich könne mich sofort beschweren,
tat der Beamte mich belehren.
Vielleicht ändere sich endlich was.
Ja, dieser Mann, der macht mir Spaß!
Das Problem war ihm bekannt,
doch umging er´s sehr galant?
Ist er denn kein Teil von uns?
Bürgerschaft – er Hinz, ich Kunz?
Wie kann er Fehler ignorieren?
Die Auswirkungen alle spüren!
Und haben viele Menschen Ärger,
dann werden sie zum Wut-Bürger.
Man wundert sich darüber nur.
Nach Ursachen forschen? Keine Spur!
Oft sind es nur ganz kleine Wunden,
die man beheben könnt´ in Stunden.
Heilt man sie nicht, tut´s richtig weh.
Am ganzen Körper, nicht nur am Zeh!
Aus Wehwehchen, minimalen,
können werden, verpatzte Wahlen!
Drum seid doch klug, und nicht so kleinlich:
Bleibt bitte, bitte b ü r g e r f r e u n d l i c h !
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 13.01.2018.
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