Patrick Rabe
Wandelstern
Das rote Haar gebündelt auf dem Haupte,
den Wanderstab in seiner Eisenhand,
so irrte der, der an die Liebe glaubte
durch ein vom Wahneszahn zerriss'nes Land.
Vom Wahn, ein Gott zu sein im wilden Universum,
vom Wahn, ein Mensch zu bleiben in der Höllenglut,
vom Wahn, sein Leben nicht zu schonen, aber
zu retten aus den Flammen das, was gut.
Da brannte er, da wurde er gejagt als Nackter,
da lag er auf dem Tisch, Organsalat.
Da stand er auf, als wäre nichts gewesen,
als könne leer man schreiten auch zur Tat.
Da wurde er zum Geist der alten Heimat,
zum Schreckgespenst, das über Märkte zieht,
zum Änderer von Anderlands Gedanken,
das seither seine Welt durch neue Augen sieht.
Er wehrte ab die Ära der Maschinen,
er lag als Scheiße in den Dornen tief,
trank Seuchenwasser aus vergor'nen Mienen,
während Prinzesschen hundert Jahre dauerschlief.
Er lief durch leere Städte, tote Täler,
las Schilder, die ergaben keinen Sinn,
er drehte an der Uhr vom Geigerzähler,
hielt Jungs mit Drohnenbomben Blumen hin.
Er scheiterte als Jesus, wurde Judas,
ließ Freunde, die sich in der Haut des Christus eingraviert,
als Fishermens Friends in die Kehle hüpfen,
und wurd' dafür auf Folterbänken massakriert.
Doch als die Nacht nicht mehr zu enden drohte,
kam eine alte Liebe angeschlüpft,
aus Himmelshöh'n, ganz zart verborgen
und hat den Wand'rer bei der Hand gelüpft.
"So bist es du mein Herzensschatz mit Kronen?
So schleichst du heimlich dich an meine Hand?
Willst wieder bei dem Unsichtbaren wohnen,
den auf der Reise nie ein andrer fand?"
"Ich bin es. Hab ich's nicht versprochen?
Sagte ich nicht, der Tod ist gar nicht schlimm?
Hat's nicht im dunklen Wald nach Rosen schon gerochen?
Bin ich im Himmel nicht begegnet Ihm?"
Und wie Vertraute geh'n wir alte Wege,
ein neuer Weg wächst vor den Füßen still,
Bonney und Clyde im sanften Morgengrauen,
zwei jenseitige Wesen ohne Ziel.
Und dennoch mit Bestimmungsort: der Liebe.
Er fühlt sich alt, sie ist so neu und jung.
Sie ist gereist durchs All, um ihn zu finden,
gekräftigt von des Himmelsfürsten Dung.
Als wäre nichts gewesen tausend Jahre,
als hätte nicht ein Graben sie getrennt,
als hätt sie nicht gelegen auf der Bahre:
Sie ist es, die den Schatz von Neuem kennt.
Er widerspricht dem Gleichnis, steht es auch bei Lukas,
(der reiche Mann und der geschuppte Lazarus):
Es kehren Tote auf die Erde wieder,
zum Rachefeldzug und zum Liebeskuss.
So kommen wir zu meiner alten Wohnung,
die ich in Richtung Hölle einst verließ,
ihr Engelhaar ist mir genug Belohnung,
die neue Zeit wird mir ein Paradies.
© by Patrick Rabe
17.11. 2018.
Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Patrick Rabe).
Der Beitrag wurde von Patrick Rabe auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 17.11.2018.
- Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).