Patrick Rabe

Gespräch mit der Mutter

Du weinst um mich, zündest Kerzen mir an,

"Sag, warum gingst du mit dem Dunkelmann?"

 

"Ich ging zu mir, denn ich liebte das Tier,

es war nicht böse, das glaubtet nur ihr."

 

Du weinst um mich, denn du glaubst es mir nicht:

"Hast du nicht Angst vor dem jüngsten Gericht?"

 

"Ich habe Angst, nicht ich selber zu sein,

ich seh eine Katze, und ihr nennt sie Schwein."

 

Du weinst um mich, fragst mich, wer mich jetzt stützt,

"Warum hab ich dich nicht besser beschützt?"

 

"Mich schützt der Herr Jesus, sag, was glaubst denn du,

er hat eine Tür, und die macht er nie zu."

 

Du weinst um mich, sagst, was draußen sie munkeln:

"Er ging mit dem Bösen, ist gefangen im Dunkeln."

 

"Ich ging in das Dunkel, das ihr nicht erkennt,

weil es die Nacht ist, die euch von Gott trennt."

 

Da schöpfest du Hoffnung: "Was fandest du dort?

Ist da bei dir kein verlorener Ort?"

 

"Ich fand die, die ihr in den Schatten geschickt,

vor Ablehnung krank, von Gewalttat geknickt."

 

Dein Auge ist blind und du kannst sie nicht sehn,

"Wirst du mit uns oder ihnen denn gehn?"

 

"Uns oder ihnen, das gibt's für mich nicht,

sie von euch zu trennen, ist euer Gericht"

 

Du reibst dir die Augen, du fasst an dein Herz:

"Trägst du denn nur ihren, und nicht unsern Schmerz?"

 

"Ihr tragt keinen Schmerz, denn ihr habt euch geschieden

vom Schmerz ihrer Seelen, habt das Hinsehn vermieden."

 

Du ballst deine Faust: "Glaub, wir spüren die Schere,

sie tragen das Leid, und wir tragen die Leere."

 

"Es ist doch so einfach, niemand ist wirklich kühl,

der Schlüssel zur Heilung ist Mitgefühl."

 

Da fallen die Schuppen dir von deinen Augen:

"So konnte dein Elternhaus doch etwas taugen?"

 

"Ihr gabt mir den Vorteil, den Schutz und den Halt,

ich wich vor den Stellen, an denen ihr kalt.

Denn wer nicht ins Dunkel der Herkünfte geht,

rettet niemals, was fehlt, für den ist es zu spät.

Aber wer sie entdeckt, der kann Christi Wein keltern,

der findet zur Wohnstatt der himmlischen Eltern."

 

Da jubelst du, als du mich freudig umarmst:

"Mein Heldensohn, danke, dass du dich erbarmst!

Du gabst vielen Liebe und rührtest auch mich,

der König macht heil und schickt nicht ins Gericht!"

 

Da beben die Sphären, da regt sich der Drache,

der Tod gibt uns frei, denn wir fanden die Sprache,

die Leben von Seele zu Seele hinführt,

den Panzer um Herzen schmilzt, weil sie berührt.

 

Dein Auge erglänzt und du siehst mich im Dunkeln:

"Ihr seht aus, wie Sterne, die weihnachtlich funkeln!"

 

"Es ist Osterlicht, schau, Jesu Grab ist schon offen,

er wandelt als Lebender, wir dürfen hoffen."

 

Und vor mir die Mutter, sie weint und sie bebt,

sie empfängt meine Liebe, lässt das Dunkel und lebt.

 

Und um mich herum, diese traurige Schar

wird zu fröhlichen Kindern. Die Geschichte ist wahr.

 

 

 

© by Patrick Rabe, 16. August 2019, Hamburg.

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