Brigitte Waldner

Dunkler Schulweg


Durch die Dunkelheit am Morgen
gehen Kinder Wege zu Bussen,
die sie zu den Schulen bringen.
Viel zu früh beginnt die Schule,
Kinder wollen länger schlafen,
aber Eltern gehen zur Arbeit.
Deshalb müssen Kinder aufstehen,
ehe sie noch munter werden,
müssen dieses Schicksal teilen.

Dort, wo keine Häuser stehen,
kann das sehr gefährlich werden,
ohne Bodyguard zu laufen.
Manche bringen ihre Kinder
mit dem Auto lieber selber,
dass es an Bewegung mangelt.
Als wir noch zur Schule gingen,
noch im vorigen Jahrhundert,
gingen wir auch durch die Finster,

haben nicht mal Angst bekommen,
ungefährlich war es damals,
aber heute ist es anders.
Da sind Diebe, Räuber, Mörder,
Kinderschänder und Verschlepper,
Asylanten und Abnorme,
darauf kann man nicht vertrauen,
dass sie Herz und Anstand haben
und nicht nach den Kindern greifen,

hinter Büschen auf sie lauern,
dort, wo keine Häuser stehen,
und sie in den Abgrund ziehen.
„Achte auf die Kindermitnehmer“,
sagte meine Mutter immer,
„sie verschleppen blonde Mädchen“,
und sie meinte meinen Vater,
der die Alimente damals
leider nicht bezahlen wollte,

lieber mich verschwinden lassen,
wäre billiger gewesen,
dass man ihm das Zahlen sparte.
„Kommt ein Mann mit dem Motorrad,
will er dich bestimmt entführen,
nach Italien für immer.
Laufe weg und laufe heimwärts!“
Das war mir in jenen Zeiten
aufgetragen, mich zu schützen.

Kindgerecht war diese Warnung,
hatte mit den Italienern
nichts zu tun, das war nur Märchen.
Als ich größer war, erklärte
mir die Mutter, was sie meinte,
und so hab ich das verstanden.
Vor den netten Italienern
muss sich wirklich keiner fürchten,
denn sie lieben die Bambini.

Durch die Sommerzeitverschiebung
ist der Schulweg länger dunkel,
selbstgemacht sind die Probleme.
Alle denken nur an Wirtschaft,
Umsatzmachen, Steigerungen,
an die Schulkinder denkt niemand.
Kinder sind dem Staat nicht wichtig,
müssen durch die Finster gehen,
armes, christliches Europa.

© Brigitte Waldner

 

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Brigitte Waldner).
Der Beitrag wurde von Brigitte Waldner auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 03.10.2019. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Die Autorin:

Bild von Brigitte Waldner

  Brigitte Waldner als Lieblingsautorin markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Fliehende Zeit von Heiger Ostertag



Eine gesichtslose Leiche im See,Feuertod und finstere Machtzirkel - ein neuer Fall für Anna Tierse und Kathrin Schröder? Diesmal kommt das Ermittlerduo fast an die Grenzen seines Könnens! Denn die Zeit flieht dahin ...

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (1)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Abenteuer" (Gedichte)

Weitere Beiträge von Brigitte Waldner

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Es klescht und klirrt und poltert von Brigitte Waldner (Gedichte von und für Frauen)
Eine Sommernacht im Wald von Robert Nyffenegger (Abenteuer)
Haiga von Sieghild Krieter (Haiku, Tanka & Co.)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen