Brigitte Waldner

Sie leisten sich den Luxus


Wer jeden Sonntag zur Messfeier geht,
sieht fünfzig Mal im Jahr die gleiche Show;
wer dreimal pro Woche zur Messe geht,
man könnte sie mit Namen nennen,
sieht fünfundsiebzigmal die gleiche Show.
In der Gemeinde gibt es drei große
und drei kleine Kirchen, die von
zwei Priestern bedient werden.

Es gibt gläubige Damen,
die täglich eine Messe mitfeiern.
Man könnte sie mit Namen nennen.
Nach achtmal Schwanensee hatte ich genug.
Wie kann man sich 365-mal im Jahr
jahrzehntelang die gleiche Bühnenshow ansehen?
Hat eine Frau nichts Besseres zu tun, als zu beten
und den Glauben zu lobpreisen?

Warum spendet sie nicht ihre Zeit den Armen
in der Gemeinde, die Hilfe brauchen,
mit ihnen zu reden, im Haushalt zu helfen,
oder um ihnen einen Kuchen zu backen,
ein bisschen Holz zu hacken und Einkäufe zu machen?
In zwanzig Jahren 7.300-mal die gleiche Show,
langweilig und gefühllos abgewickelt,
immer wieder vom selben Priester.

Kein Wunder, dass sie alle Texte
schon fehlerfrei und im Schlaf auswendig können,
während ich bis zum nächsten Messebesuch,
ich gehe prinzipiell nur zu Trauerfeiern,
wenn ich dazu persönlich eingeladen werde,
den Text des Vater unsers wieder vergessen habe,
so dass ich ihn nicht mehr fließend sprechen kann,
und mich wundere, wie oft er abgeändert wird.

Begüterte reifere Damen, auf harten, kalten Kirchenbänken,
gepflegt, geschminkt, Nägel lackiert und schön angezogen,
daheim haben sie eine Putzfrau
und jemand, der ihnen das Essen kocht,
aufräumt, wäscht und bügelt, leisten sich den Luxus,
ihr kostbares Lebenskapital, das ist ihre Zeit,
auch noch rosenkranzbetend vor den Messen
lebenslänglich täglich abzusitzen.

Mir fehlt die Zeit, mich stundenlang
in den Kirchen aufzuhalten.
Vor zehn Jahren, als ich öfters hinging,
es war nach dem Tod meiner Eltern,
bereute ich es hinterher.
Mein Räubernachbar nutzte die Gelegenheit.
Um die Ersparnisse meiner Eltern gebracht,
sah ich die Kirche in einem anderen Licht.

© Brigitte Waldner

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