Hans-Jürgen Graf

Sterblichkeit

Sterblichkeit
Schreiende Ruhe durchschreitet den Raum,
Zeichen von Leben spürt man kaum.
Heben sich Rippen nur selten noch merklich,
Spürt jedweder hier, dass er ist sterblich.

Immer wenn der Torso sich senkt,
Ein Jeder im Raum dem Tode gedenkt.
Dem Einen die Tränen werden zur Qual,
Der Anderen, vergangene Bilder zumal.

Doch allen gemeinsam, die anwesend sind,
Das Bildnis des Sterbens die Lebenskraft nimmt.
Geschunden, gequält ein Leben lang,
Trotz allem ein Tod, der nicht minder bang?

Furchtbarer Schmerz lässt den Körper vergehen,
Geweitete Augen, Erlösung erflehen.
Ein Schrei nach der Mutter, ein quälender Ruf,
Um Gnade durch den, der alles erschuf.

Die Nadel bringt Ruhe, so scheint es dann,
Von Schmerz und von Tränen für Jedermann?
Zurück kehrt der Torso aus wilder Entfesslung,
In gleichsam ermüdende, monotone Bewegung.

Wie lang' wird sie sein, die ruhige Zeit?
Getragen von Morphins Anwesenheit.
Der Schein zeigt Entspannung, das Inn're bleibt dunkel,
Im Raume erhebt sich respektvoll Gemunkel.

Mit Vorsicht, ganz sanft, streicht man über das Haar,
Dem Menschen, der einst so lebendig war.
Der sich nun quält in Sehnsucht nach Heimgang, 
Dabei einem selbst wird um's Herze so bang.

Gemurmelter Trost und Gebete erklingen,
Die Seele mög' sich gen Himmel nun schwingen.
Für alle das alles so schwer, kaum mehr tragbar,
Ein lösender Schritt durch die Nadel machbar?

Weit aufgeriss'ne Augen sehen mich an,
Sag' ist der Zeitpunkt gerückt nun heran?
„Ist es soweit?“ entflieht mir ein Schrei,
Dass nun das Sterben vollendet sei?

Die Augen, sie scheinen so klar und so weit,
Gefüllt jedoch noch mit letztem Leid,
Klammern sich an mich mit flehendem Blick,
So dass mir gewahr wird, Mutter erstickt.

Minuten werden zu ewiger Qual,
Mein Herz es zerreißt mal um mal.
Der Blick lässt nicht los, ein letztes Gebet,
Um schnellste Erlösung, weil's so nicht mehr geht.

Ein Meer von Tränen und tiefste Verzweiflung,
Ein letzter Kuss als Wegbegleitung.
Da drückt sie ganz fest ihre Augen zu,
Und schlagartig hat sie die ewige Ruh'.

So ging meine Mutter in Zweitausendvier,
Das Bild es wird bleiben ewig bei mir.
Ein Wesen geht, das du so sehr geliebt,
Der Riss im Herzen noch lang nicht versiegt.
(2016)

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