Robert Müller
Verloren
Ein schwarzer Mench traf einen weissen.Auch einen Menschen.
Oder einfach nur Mensch, wenn Sie meinen.
Mit schneeweissem Haar und zittrigen Beinen.
"Haben wir nicht", fragt der Schwaze den Weissen,
"irgendwo eine Gemeinsamkeit?"
"Weiss nicht", brummt der Weisse. Dann dreht er sich weg.
Das war ihm zuviel an Vertraulichkeit.
Er kenne ihn nicht, habe nie ihn gesehn,
und könne so Fragen sowieso nicht verstehn.
Wo er denn wohne, fragt der Schwarze bald weiter.
Da kommt ein Kaminfeger mit Besen und Leiter.
Und kurze Zeit später,
da kommen vier Weisse, ein Bäcker, ein Metzger und zwei Sanitäter.
"Haben die fünfe", fragt wieder der Schwarze,
"nicht etwas Gemeinsames, und sei's nur 'ne Warze?
Im Gesicht, auf der Nase, an den Händen und so.
Oder am Rücken, am Bauch oder auch anderswo?"
"Weiss nicht", murrt der Weisse. Er macht ein paar Schritte
und sagt dann zum Schwarzen, er hätte 'ne Bitte,
er solle nicht reden, er solle schweigen,
denn er höre am Himmel die Heerscharen geigen.
Der Schwarze zog weiter, liess den anderen stehn.
"Soll der doch alleine durchs Leben gehn!"
Er ging in das Städtchen,
sah lustige Buschen und kichernde Mädchen,
den Markt in den Gassen, Geschäfte und Läden,
ein Gasthaus, ein Wirtshaus, den Nachtclub mit Bar,
da wurde ihm plötzlich die Gemeinsamkeit klar.
Er hob seinen Mantel, den schweren, den alten,
mit überall Löchern und rundherum Falten,
beladen mit Schätzen, mit Kimskrams und mehr.
Er fing an zu suchen. Sein Atem ging schwer.
Dann fand er sie endlich. Ganz tief in der Tasche,
die schwarz-weisse 'Black-and-White' Whisky-Flasche. Vorheriger TitelNächster Titel
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 17.04.2020.
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