Karl-Konrad Knooshood

Wie ich dich zurückgewann

 

 

Trennte Weizen sich von Spreu,

mein Meisterknabe,

meiner Seele reichlich' Labe,

von welcher alle Lieb' und Güte habe,

warst nur mir ewig treu,

ließest mich, trotz Stunk im Streu,

lechzen nach der zärtlich' Gabe,

 

- mein pittoresker, eleganter Liebling,

wie in "The Crow", bei POE, mit Kräh' und Rabe,

schöpfe ich, ich schaff dich neu,

aus der Hoffnung und den Träumen,

 

Ich schlage der Natur ein Schnippchen,

extrahiere aus dem Rest des Fellhaars,

da kremiert dein Leib mit Haut und Rippchen,

ein paar Pröbchen deiner DNA,

 

Ich lass sie neu sortieren, neu gruppieren,

das Reset der Zellen zum Urzustand,

so will ich dich klonieren, neu kreieren,

altes Wesen, neu entflammt, Liebe neu entbrannt,

 

In ein paar Jährchen schon,

bist du geboren als mein alter Gefährte,

auf mit dir, statt Schrein dein Thron,

von deiner Nähe frisch vital mich nährte,

 

Doch kein Klon währt lange,

hält mich nicht lang bei der Stange,

das "Produkt", dies Wesen ist fehlerhaft,

dein Klon hat's kaum ein Jahr geschafft,

 

Von Klonierung und Kopiergenetik,

wagte ich, modern und couragiert,

den Schritt zu modernster Kybernetik,

statt DNA-Spielchen wird ein Automat konstruiert,

 

Mit vollem Fell, voluminös und buschig,

Schnurrhaar über künstlich gelben Augen,

ich fand es immer niedlich, wuschig,

wenn deine in Liebesbann mich saugten,

 

Ein Cyborg, in Katzengestalt und Eleganz,

dynamisch, vollbeweglich, auch der Schwanz,

mit all dem Schnickschnack, Firlefanz,

gar Kunststückchen – dies Ding kann's,

 

Mit Mikrochips, Transistoren, Prozessoren,

beweglichen Augen und Ohren,

lernfähig, mit Spitzensensoren,

doch ein Bauteil bricht so unverfroren,

 

Kein Vergleich zu dir, ein geradezu perfektes "Tier",

zwar mit deinem "Wesen" programmiert,

doch riecht, schmeckt, klingt 's nicht mal nach dir,

es ist nicht zugeneigt, leckt 's Kinn voll Liebessinnen mir,

 

Ich musste es entsorgen, dies Elektrobiest,

eine Kollektion feinsten Elektroschrottes,

kein Blut noch Leben durch es fließt,

kein Geschöpf einer Evolution oder eines Gottes,

 

Nun hörte ich dein Schnurren an,

gebannt auf Film und Tonspurband,

doch was moderne Technik nicht ersetzen kann,

ist, das bleibt apart, auch stets vakant,

 

Es war mitnichten denn dasselbe,

als seist du um mich wahrhaftig,

lebendig und fellsaftig,

vom Ei ist's nicht das Gelbe…,

 

Gewitzt, gewieft bin ich – und keck,

meine Mittel heiligt jeder Zweck,

aus Lehm und lauter Straßendreck,

bau gewiss ich kein Gesteck,

 

Die Technik hilft – und lässt mich hoffen,

denn ein Lösungsweg steht schmalen Stegs noch offen,

Ins Virtuelle geh ich, letzter Album-Track:,

Willkommen auf dem Holodeck!,

 

Gab gezielte Instruktionen,

dem Computer, High-Definition-Automat,

er schafft Faksimiles täuschender Art,

er erschafft mir all gewünschte Illusionen,

 

Das Holodeck performte effektiver,

viel plastischer, fast wie real,

in 3D, HD, weitaus perspektiver,

Qualität satter Bilderwahl,

 

Doch rasch erhaschte mein Verstand,

Es gleitet mir ständig außer Hand,

artifiziell ist nicht = authentisch,

simuliert ist nicht mit echt identisch,

 

Mit ein paar instruktiven Sprachbefehlen,

brachte ich die Simulation zum Erliegen,

was mir meine Zeit mag stehlen,

ist illusorisches Selbstbelügen,

 

Seitdem ist mir klar,

dass gut ist, was ist und war,

nur im Innern, Erinnern bleibt es wahr,

drum den Nachbau des Vergang'nen spar,

 

Bis mein Lebensquell versiegt, Odem versagt,

bald der Zeitenzahn an mir selbst nagt,

eh den Würmern Fraß ich biete,

erstirbt verdorrend meines Daseins Blüte…,

 

…will entsinnen deiner mich,

nur in meinen Träumen, auch im Helllichten,

bist du noch ewiglich lebendig,

auswendig kenn ich die Geschichten,

 

Die Anekdoten, Zoten, Weichheit deiner Pfoten,

geehrt seist du, mein Katerliebling,

wenn ich in mein letztes Sieb spring,

seh'n wir uns wieder, im Flieder jenseits der Toten,

 

Dann seh'n wir uns wieder, wenn müder,

mir, zur Seelenpein noch die Glieder,

schmerzhaft geworden waren,

Keiner der profanen Narren,

wird je so sein wie du,

Kein Klon, kein Roboter, kein Passepartout,

Illusionen auf Hirngröße nur,

mein braver Kater Schnurr…





(14.04.2020)(C) 2020 KnoKnoo


Vor ungefähr fünf Monaten, Anfang des Jahres, verstarb überraschend mein liebster Kater. Damals
schrieb ich einen episch langen Abschiedstext und trauerte sehr. Inzwischen ist die Trauer zwar nicht
verflogen, auch die Erinnerung besteht weiterhin, doch der Schmerz ist verarbeitet, es muss weitergehen.
Ein neuer Kater ist in meinem Leben, wenngleich er nicht derselbe ist und niemals so sein kann. Er ist auf
andere Weise liebenswert. Ein Tier kann einem viel bedeuten, wie ein Mensch, so ging es mir. Also ersann
ich rein fiktive Möglichkeiten, das alte, geliebte, verstorbene Tier wieder zum Leben zu erwecken. Dabei
bediene ich mich modernster Kybernetik (Roboter in menschlicher Hülle bzw. in diesem Fall katziger), der
Klonierung, nur aus Lehm (Golem) baute ich ihn nicht, denn davon versprach ich mir nicht so viel. Als
letzter Ausweg blieb die Technologie des "Holodecks", eines Raumes, in der man die fotorealistischste
Illusion in Form einer virtuellen Realität (es wird zurzeit allgemein daran gearbeitet, diese virtuellen
Realitäten immer echter aussehen zu lassen) erschaffen kann, ein interaktives Programm. Es nützt alles
nichts, was bleibt, ist das Wahre, Echte, die Erinnerung allein. Das verbliebene Gefühl der Liebe, die
Energie, die immer noch durch meine Gemächer schwebt, in der der Kater fortan weiter "lebt".
Karl-Konrad Knooshood, Anmerkung zum Gedicht

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