Patrick Rabe
Nachtschattengewächse
Nachtschattengewächse
(The eagle only flies, when he feels safe)
Ach, meine Lilith, flieh doch nicht vor mir!
Ich bin ein weitentferntes, aber gutes Tier.
Nur Länder, Welten, sind zwischen dir und mir,
Du warst in mir, und ich in dir.
Es ist ein alter, doch zerbroch’ner Spiegel,
der wieder eins ward, und kein Suppentiegel,
so dunkel, wie uns beiden sieben Siegel,
ein unterm Strauch verkroch’ner, scheuer Igel.
Jedoch der Adler, der noch fliegen kann, sind wir,
auf deiner und auf meiner Seite Zieher,
was lockt, ist dort, was lockt, es ist auch hier,
ICH bin der Igel, wenn ich in der Nacht erfrier.
© by Patrick Rabe 14. August, 2020, Hamburg.
„Nachtschattengewächs“ ist, wenn man das Wort auf Menschen anwendet, oft kein Kompliment. Nachtschattengewächse sind jedoch auch die Kartoffel, die Tomate und die Aubergine. Viele Nachtschattengewächse enthalten Halluzinogene, aber auch heilende Substanzen, wie das Bilsenkraut. Der Stechapfel ist im Absinth des 19. Jahrhunderts in der Dichterszene zu Berühmtheit gelangt. Nachtschattengewächse entwickeln ihre Gifte, weil sie sich schützen müssen. Sie haben oft außerordentlich schöne Blüten. Die „Lilie, die unter einem Apfelbaum blüht“ aus dem Hohelied der Liebe von Salomo, ist, denke ich, eines der Bilder für die im Christentum leider oft zu negativ gezeichnete „frühe Braut“: Lilith, Sulamith, Schoschanna. Im Alten Testament ist das sich Zugestehen der erotischen Liebe vor der letzten Hochzeit aber ein ebenso wichtiges Element, wie die „letzte Hochzeit“ selber. Salomo und Sulamith ist es schlichtweg nicht möglich, zu ignorieren, dass „der Weinstock sprosst“. Nicht ohne Grund wird Sulamith als von ihren Schwestern gemiedene, vom Brand der Sonne „schwärzlich gefärbte Frau“ beschrieben. Das Wort „Da kannst du warten, bis du schwarz wirst.“ findet darin seinen Anklang. Ein ehrlicher Christ sollte das nachvollziehen können…
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 18.08.2020.
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