Hanns Seydel

DAS LIED VON DER INTELLIGENZ - 19. Jahrhundert


( In dem Gedicht geht es um die Gegnerschaft zwischen dem Dichter-Komponisten Richard Wagner und dem damals führenden Musikkritiker Eduard Hanslick, der die reifen Werke Wagners abgelehnt hat. Es gab unter den Anhängern Hanslicks sogar eine regelrechte Anti-Wagner-Front - unglaublich ! )

"Das ist alles traumverwirrte Katzenjammermusik."
( Eduard Hanslick über die Musik der Begründer der neudeutschen Schule - Liszt, Berlioz, Bruckner, WAGNER, deren frühe Werke Hanslick sogar noch schätzte, aber deren reife er wegen ihrer damals "modernen", fortschrittlichen Harmonik - verbohrt - strikt ablehnte, obwohl sich gerade dort nicht zuletzt der individuelle Personalstil jener Komponisten zeigt. )




Es heißet "Dichter und Denker",
denn der Geist ist stetger Lenker.
Auch in der Kunst gab`s Richter und Henker,
so mancher Kritiker, er war so einer.
So lasst uns jetzt mit Ernst betrachten,
was Geistes Kraft vollbringt.
Die Hohlheit kann man nur verachten,
die nicht sieht, was gut beginnt.

In jedem einzelnen Beruf,
den Menschenhand erschuf,
das Denken steht im Vordergrund,
die Dummheit steht im Hintergrund.
Bei der Hohlheit herrscht `ne geistge Steinzeit,
völlig unbekannt ist ihr die Reinheit.
Die Intelligenz besticht durch ihre Schlauheit,
schönstes Kunstwerk schafft ihr` Klugheit.

Unstet ist die Dummheit,
entgeg` gesetzt der Klugheit.
Der Verstandesmensch denkt wahrlich weit,
das Wissen ist bei ihm gefächert breit.
Der schlaue Mensch denkt dauernd nach,
beim Dummen liegt das Denken brach.
Das Überlegen ist`s, das weiter bringt
und des Denkens starkes Lied stets singt.

Und wo schlimm nur war die Hohlheit,
da war genauso schlimm Verbohrtheit.
Krass und krass nur gar nichts wissen,
hat die Hohlheit kein Gewissen.
Abscheu, Abscheu und Verachtung
hat die Hohlheit nur verdient.
Niemals hatte sie Bedeutung,
man hörte sie und war bedient.

Wo dort hatt` Hohlheit ihr Gebiet
sang hier Verstand sein starkes Lied.
Dem Geist gebührt Verehrung,
sein` Erkenntniss` sind Bewährung.
Wer denken kann, ist klar im Vorteil,
denn Intelligenz ist nicht für alle da.
Die Hohlheit hat den Nachteil,
dass ihr Wissen ist nur rar.

Wehe denen, die versuchen,
die dauernd dürftgen Dummen
in`s Reich des Geistes zu erhöhen,
allein die Absicht würd`s verschlimmern.
Nur mit Intelligenz war zu besiegen
die grassierend krasse Hohlheit.
Verkümmert war der Dummheit Denken,
das so wertlos war wie Niedertracht.

Widerwärtig sah der Wahrheitssucher
der Beschränktheit schlimm` Besucher.
Verhasst war jede Hohlheit
seit jeher bis in Ewigkeit.
Auf eine kluge, weise Frage,
die stellt der Intellektuelle,
keine Antwort kannt` der Dumme,
denn ihm fehlt des Geistes Helle.

So war leider zu befürchten,
dass die Hohlheit war am Wachsen.
Und unerreichbar für die Hohlheit
ist der ganz` Gehalt der Wahrheit.
Hohl wie Bohnenstroh, weil schwach im Kopf,
stolz noch auf der Hohlheit Zopf,
beklemmend sieht der Unverstand,
dass das Denken ihm ist unbekannt.

Umgeben von der Hohlheit Öde,
befreit sein wollt` die denkend` Seele.
Befreiend war`s, mit anzuseh`n,
wie die Hohlheit krass wird untergeh`n.
Übel war`s, wenn der Erkennende
sah die Hohlheit ohne Ende.
Der Erkenntnis leucht` jed` Licht,
der Hohlheit krassest nicht.

Schlimmer noch hirnlos` Halbwissen,
das schon gefährlich war genug,
war ein tödlich krasses Nichtwissen,
das der Dummheit war ganz herber Pflug.
Die Hohlheit war nur zu verachten,
als minderwertig war sie zu betrachten.
Und die Intelligenz die Hoffnung heget,
dass die Dummheit niemals sieget.

Das Erkenn` der höchst` Zusammenhäng`
der Hohlheit war stets vorenthalt`.
Denn deren Geist war viel zu eng,
um zu erkennen einen Sachverhalt.
Für die Schlauen war Dummes nur erschreckend
und in jeder Hinsicht schlimm beschämend.
Unerfreulich war die Gegenwart der Dummen,
sie hätten sollt` vermeid` ihr Kommen.

Die Schlauheit wird stets neu gestärkt,
der Hohlheit bleibt Stärkung verwehrt.
Wichtig wirkte wahres Wissen
und nichts konnt` sich mit ihm messen.
Sinnlos stöbernd, hektisch irrend,
undverständlich gestikulierend,
war der Unverstand sich selbst stimulierend
und sein` Unwissenheit nur noch vertiefend.

Löblich wurd` oft angedacht,
die Dummheit zu erzieh`n.
Doch weit gefehlt und breit entfacht,
der Klugheit konnt` sie nur entflieh`n.
Spargeldünn war Hohlheits Wissen,
Schlauheit musst` sie dauernd missen.
Der Eingebung allerhöchster Wert
hat gezeigt, wer war größter Meist`.

Flüchtig, oberflächlich, ohne Tiefgang
war des Durchschnitts derb` Verstand.
Nie erkennend hohen Rang,
er sich oft schon hatt` verrannt.
Und bitter war`s, zu seh`n
die Sprunghaftigkeit der Hohlheit.
Denn dies konnt` niemals gut geh`n
und die Dummheit nur noch steigt.

Der Hohlheit haushoch überlegen,
war für die Klugheit das Denken ein Segen,
der führt hin zu höchstem Wissen,
dies war `ne Wohltat für`s Gewissen.
Monströs war des Nichtwissens Einfalt
und nichts konnt` ihr gebieten Einhalt.
Doch dem Denker ging die Wahrheit auf,
sein Denken rast im Riesenlauf.

Und wie wird`s in der Zukunft
mit der ganz genialen Denkerkunst ?
Die Hohlheit konnt` sie nie begreifen,
denn sie konnt` mit Intelligenz nicht wetteifern.
Ausgeprägtes Denken, himmelhoch leuchtend,
den Verstandesmenschen kennzeichnet.
Dagegen war die Hohlheit stets nur keuchend,
durch nichts wurd` jemals sie bereichert.

Nach tiefer reiflich` Überlegung,
der Denkende dann ernst verwirklicht
aus tiefer echter Überzeugung
sein Werk und Dummes kannt` er nicht.
Der Gedanken großer Fluss
für den Geist ist ein Genuss.
Dies` Einzigartig` kennt kein` Grenz`,
geschaffen von der Hochintelligenz.

Der Drang des Denkers zum Erkennen
lässt ihn lesen, lesen, weiter lesen.
Stark im Denken und Studieren,
kann die Intelligenz auch musizieren.
Der Überzeugung tief` Erkenntnis
lüftet jedes einzelne Geheimnis.
Das Wesentliche richtig tief erfassend,
strebt der Denker vorwärtsdrängend.

Des Denkers weit` Betätigungsfeld
wertvoll wichtige Substanz enthält.
Bittend, betend, helfend, hoffend
war der Denker vor Erkenntnis kochend.
Der Werte wertvoll` Quintessenz,
sie wirkt für sich wie ein Gesetz.
Die Klarheit der Gedanken
wird von Mensch zu Mensch verstanden.

Wenn wahres Wissen wirkte wichtig,
dann lag der Denker immer richtig.
Denn das Denkertum ist unverwüstlich
und sein Gedankenreichtum unermesslich.
Erfüllt von göttlich reiner Gnade,
entsteht im Kopfe das Geniale.
Danach strebt der Intelligente,
denn er ist der beste Denkende.

Ein Gedankenwerk wie nie vorhanden
entspringt den forschenden Gedanken.
Richtig tiefe Leidenschaft
erfüllt den Denker groß mit Macht.
Der Kluge ist der Denkende,
der Philosoph ist der Erkennende.
Doch die Wahrheit sucht ein jeder,
sie ist des Geistestriebes Feder.
G
Die Anstrengung des Verstandes
bewirket mehr als nur Bekanntes.
Immer um Erkenntnis ringend,
sind Sucher viel vollbringend.
Die Wahrheit ist sehr oft verborgen,
wie in ei`m Gefäß ist sie geborgen.
Doch das Denken, Denken, Denken
ist den Sucher dauerhaft am Lenken.

Das Gehirn ist in Bewegung,
zugewandt der höchst` Bestrebung.
Mit Genies man hat Begegnung,
die Bereicherung ist eine Segnung.
Der Denker denkt am Besten,
wenn um ihn sind die Stärksten,
die geistig sind am Höchsten
und fern dort sind die Blöden.

Wehe denen, die den dauernd Dummen
Verstande beizubring` versuchen.
Angewidert wär` ein jeder Denker,
denn er weiß, dass andres ist viel besser.
Bei schweigsamen Menschen
herrscht intensives Denken.
Und wo Intelligenz nur waltet,
da ist das Herze nie erkaltet.

Niederlagen gibt es oft im Leben,
doch der schlaue Mensch, er hat sein Streben.
Er steht wieder auf gestärkt,
dies hat sich in sei`m Kopf bewährt.
Das Gewöhnliche zählt einfach,
das Besondere zählt doppelt.
Das Geniale zählet dreifach,
mit dem Höchsten ist`s gekoppelt.

Greifbar und konkret,
der Gedankenreichtum blüht.
Und was in Denkers Hirne vorgeht,
darum hat er sich bemüht.
Da staunt man über Meisters gut` Gedächtnis,
das nichts vergisst und alles behält.
Sein Gedächtnis ist für ihn Vermächtnis,
viel Erkenntnis es enthält.

Was der schlaue Mensch je hat geschrieben,
es wird für immer bleiben.
Denn dies kann Keiner je vertreiben,
die geistge Größe ist geblieben.
Bei`m Anstreng` des Verstand`s
und die Intelligenz weiß, sie kann`s,
entsteh`n der Kunstwerk` beste,
denn der Denker ist der Größte.

So hat der denkend` Sucher dann gefunden,
was vorher war verschwunden.
Sein` enorme Engergie,
die versieget einfach nie.
Von Vorteil ist`s, wenn Denkerkraft
mammutmäßig zeugt den Saft,
der führt hin zu höchstem Wissen,
dies ist `ne Wohltat für`s Gewissen !

( E N D E )
Hanns SEYDEL, 05.03.2020 - 16.03.2020
Werk 129
(128 wurde früher bereits gepostet, jedoch ohne Angabe der Werknummer.)




"Wen ich machen will, der ist gemacht.
Wen ich vernichten will, der ist vernichtet."
( Eduard Hanslick auf die Frage, was er von den zentralen Werken Richard Wagners - "Der Ring des Nibelungen" sowie "Tristan und Isolde", Meilensteine der Musikgeschichte - halte; den Siegeszug dieser Werke konnte Hanslick aber nicht aufhalten; dasselbe gilt für sein Unverständnis hinsichtlich Wagners Denkschriften, den Schriftsteller Wagner konnte und wollte er ebensowenig verstehen. )

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