Patrick Rabe

Flachlandwahnsinn

Flachlandwahnsinn

 

(oder wie man verurteilt werden kann, ohne etwas Schlimmes getan zu haben)

 

(Gedichte über das, was zur Zeit angeblich nicht los ist)

___________________________________________________

 

 

Was man nicht wusste (Schmalenbek)

 

Für Rocko Schamoni

 

Es fuhr ein Zug nach nirgendwo,

aber ich saß in dem nicht drin.

Erst knallte es, dann schallte es,

und irgendjemand war dann hin.

 

Am Morgen las ich brav die Bild,

die Mopo und das Abendblatt,

um zu erfahren, dass es da

`nen Schusswechsel gegeben hat.

 

Die erste schrieb, es war die RAF,

die zweite schrieb: die Polizei,

die dritte schrieb: `s war irgendwie,

wir war’n ja schließlich nicht dabei.

 

Nur ein unruhiger, wacher Geist,

damals so fünfzehn, fragte sich,

was es denn eigentlich so heißt,

wenn Wahrheit drei lässt ganz im Stich.

 

Hat man dann gar nicht schreiben dürfen,

wer da erschossen wurd‘, wer schoss,

wer war denn da der Landvermesser,

wer die Gesellen aus dem Schloss?

 

Die Wiesen grün, der Himmel blau

im Norden ist nichts los. Genau.

Der Ede brachte wen ums Eck,

Chicago heißt jetzt Schmalenbek.

 

Nur jener, der die Lieder hörte,

mit denen man die Ruhe störte,

war weder Spießer, Nazi, blind.

Er war halt damals noch ein Kind.

 

Doch das, was man nicht wusste, muss

nicht bleiben wie ein Schlagerkuss,

wie ein getöntes Fensterglas…

Erst, wenn der Stein fliegt, sieht man was.

 

 

 

***

 

Wenn man weiß (Amtsrichterhaus)

 

Für  Ute, Andreas, Wolfgang P., Jane, die Ute Leuner Band, miese Denunzianten, in die Täterschaft der Ermordung und Verstümmelung psychisch Kranker verwickelter, und für die Hauptschweine dieses verrotteten Systems namens Deutschland: Polizisten, Richter, Vollzugsbeamte, gesetzliche Betreuer, Straflageraufseher, Psychiatrieärzte-Pfleger und Therapeuten, Securityleute, und alle Menschen, die bis heute verfügen können und dürfen, dass das Hab und Gut von als psychisch krank diagnostizierten Menschen aus deren Wohnungen herausgeholt werden darf, und entweder in die Hände von Therapeuten übergeht, oder in Ausstellungen und Auktionen „unter den Hammer kommt“ und an reiche Bonzenschweine verkauft wird. Für die Versöhnung und die blind machende Liebe, die jedoch nie länger blind macht, als bis das die Wahrheit wieder mitspielt, und Fragen, die offen bleiben, bis man sie beantwortet bekommt.

 

 

In Schwarzenbek, da steht ein Haus,

das sieht von außen harmlos aus,

so mancher gab sich dort die Hand,

Versöhnung floss durch Herz und Land.

 

Doch war dort dann ein and’res Treffen,

dann hörte man, wie sie sie äffen,

diejenigen, die dort geweint,

vor Glück, weil mal die Sonne scheint.

 

Und wer auch jenen Ort gefunden,

und zählte sich zu den Gesunden,

der trug auch mal `ne Sonnenbrille,

aus Scham, aus Trauer, Soliwille.

 

Denn auch Max Frisch traf Walter Faber,

er war schon nicht mehr der Inhaber

von einer Firma in der Stadt.

Er dachte, es wär Dürrenmatt.

 

Jedoch die beiden ganz zerbroch’nen,

die schon erschoss’nen und erstoch’nen,

die wurden Liebende und heil,

in einem anderen Abteil.

 

 

 

© by Patrick Rabe, 12.  März 2021, Hamburg.

 

 

Für Rocko Schamoni, die „Dorfpunks“, die Toten Hosen, „Liebeslied“ und die, die auch in Stürmen die richtige Flagge zeigen, nämlich keine, und die aus gutem Grund gegen Tränengas, Wasserwerfer und fliegende Steine bei Demonstrationen sind. Das sind auch dieselben, die wissen, warum die „Bullen“ sich oft selber für Schweine halten. Schon eine Faust im Gesicht tut nämlich weh.  Und für all die Langweiler aus der Pampa, die herausgefunden haben, wie Schmalenbek, jener mythenumrankte Ort aus dem Roman „Dorfpunks“ wirklich heißt, und sich auf Rockos neues Album freuen…und es noch immer nicht haben. Dies ist ein explizit politischer Song von jemandem, der 1983 wirklich noch Kind war, und der trotzdem Bild, Morgenpost und Abendblatt auseinanderhalten konnte. Wir waren die Kinder, die begeistert die verbotenen Songs der „Ärzte“ auf dem Schulhof sangen, und vielleicht dadurch erst dafür sorgten, dass diese Pillepallewitze verboten wurden. Und wir waren auch die, die begriffen, dass es keine Pillepallewitze sind (z.B. in „Schlaflied“) , dass diese Lieder aber nie verboten gehört hätten, und dass hinter solchen Verboten natürlich auch immer Seilschaften von Kirche, Kindergärten und Erziehungsheimen steckten, in denen selbst Kindes-und Jugendlichen-Missbraucher tätig waren. Und wir waren die, die zwar Rudolf Schock total doof fanden, aber „Rudolf Rock und die Schocker“ und Rocko Schamoni beide gut. Von Leuten wie uns kommt auch die Kreation „Schocko Ramoni“. Ich glaube sogar, ich hab mir das ausgedacht. Aber manche Schüsse waren alleine nur in meiner Nachbarschaft so laut, dass ich sie hörte. Und das waren eben keine Syndikatsgangster. Und keine Einbrecher. Aber bis ich begriff, dass es auch keine Bösewichter waren, die Ärzte wirklich Punks, und „Westerland“ Sylt nicht unbedingt total abfeiert, musste ich erwachsen werden. In jener spannenden Periode des ErwachsenSEINS, fand ich, der ich ja auch Künstler bin, im Erleben schlimmer persönlicher Tragödien heraus, dass Rocko Schamoni der große Tragiker des Nordens ist. So wie Bob Dylan, Helge Schneider und Randy Newman. Und wo ich den erwähne: Natürlich auch Hans Hartz, Hermann Hesse und Humbert Humbert.  Für einen Namen kann man nichts. Aber man kann auch z.B. schnallen, dass manche Leute davon wirklich so hießen, keine Zombies waren, und noch lebten, als Vladimir Nabokov „Lolita“ schrieb, Lolita es mit Hesse trieb, Sting sich im Auto einen rieb, und Heimat Hamburg war noch lieb. (Weil es da noch Hansestadt Hamburg, und nicht „Heil Hitler“, oder „Ha-Ha-Club“ hieß!) Auch Bernd Begemann war nie Brigitte Bardot, und er hat bestimmt auch nicht zu der Anhalterin mit dem „H“ auf dem Schild „Hallo Hitler, wo hasst du denn vührenscheinlos vor, heute hinzuvahren?“ gesagt. Sie wollte nämlich nur nach Hannover. Tragiker erwähnen in ihren Werken nur selten Frauen und Orte mit echtem Namen. Vielleicht, weil sie selber mal als Kind in einem solchen Zug nach Nirgendwo saßen und einen Schusswechsel sahen, aber anders als Christian Anders wussten, dass die Endstation an dieser Bahnstrecke nicht „Nirgendwo“ heißt, sondern vielleicht der geliebte Heimatort ist, wo man zwar mit 15 vielleicht, aber noch nicht mit 7 Jahren so mal eben ganz einfach wegkommt.

 

© by Patrick Rabe, 2021

 

 

 

***

 

 

 

Der Name der Straßenbahn…spielt keine Rolle mehr, wenn man davor läuft

 

 

Ich hatte eine Vollpsychose,

nahm einen Walter namens Rose,

ich bügelte ihm auch sein fremd,

bis er im letzten Ärmel hemmt.

 

Dann stieg ich in die Schuhcreme ein,

lass sie einmal von Kröte sein,

dann küsst du jeden Kantsteinfrosch,

und auch die Bordsteinschwalbe drosch.

 

Und ich und Twin nach langer Feier,

nahmen ein Album, named „Desire“,

das führ uns rein in das Land Not,

da gab es nur noch ein Gebot:

 

„Schmeiß mich beim Fahren bloß nicht raus,

denn ich bin nicht dein Onkel Klaus,

und nicht dein Bruder, und kein Pfaffe,

und es ist wahr, dass ich zwar gaffe,

doch das ist mehr als Selbstbetrug.

Ich liebe dich. Da kommt ein Zug.“

 

 

 

© by Patrick Rabe, 12. März 2021, Hamburg.

 

 

Dieses Gedicht basiert vom Strophenversmaß her auf Bob Dylans Song „Tweedle Dee and Tweedle Dum“. Dieser Song vom dem 2001’er Album „Love and theft“ nimmt sowohl das Thema des „inneren Zwillings“ wieder auf, das Dylan, der auch Sternzeichen Zwilling ist, sein Leben lang begleitet hat, als auch das Thema von seinem Album „Desire“, das sich am deutlichsten im Song „Isis“ abzeichnet. Nämlich der sinnlose Trip nach Norden, zusammen mit einem, der einem sonstwas verspricht, und am Ende kommt dabei nur ein leeres Grab heraus, statt eines Schatzes.

Es geht aber auch, sowohl in Dylans Song, als auch in meinem Gedicht hier um die Zeichen der jeweiligen Zeit.  Es enthält Anspielungen auf „Endstation Sehnsucht“, „Der Name der Rose“, andere Bob-Dylan-Songs wie „Talkin‘ New York“ („swung onto my old guitar and grabbed hold of a subway car“), das beliebte Internet-Gedankenspiel, was man tun sollte, wenn man die Jugendliebe seines Lebens an einer Busstation wiedertrifft, und viele andere Songs, Gedichte, Bücher und Filme mehr. In gewisser Weise bin ich dabei in bester Dylan’scher Tradition. So, wie auch er, möchte ich hier dennoch oder gerade deswegen, eine aktuelle Aussage zum Zeitgeschehen machen.

 

Sowohl in „Tweedle Dee und Twedle Dum“ als auch in meinem Gedicht hier geht es auch ums projizieren, und das Sich-im-Anderen-Sehen, was sowohl bei Liebe, als auch bei Hass gegeben sein kann.  In beiden Fällen wird man dem anderen dann oft nicht mehr wirklich gerecht. Der Fehler vieler klassischer Alt-68’er war, bei der Liebe darin ein Problem zu sehen, und unterfüttert von falsch verstandenem Buddhismus anzunehmen, Gefühle an sich wären schlecht. Jedoch Liebe und Hass loswerden zu wollen, ist ein beiden Fällen ein Fehler, und so ist die indisch-buddhistische Vorstellung der „Leere“ auch nicht gemeint. Es geht lediglich um das Einschalten einer „Kontrollinstanz“, was de facto nichts anderes bedeutet als: „Schalte auch manchmal deinen Verstand ein.“ Wenn man dazu neigt, sich immer erst ganz leer machen zu müssen, um irgendein Urteil fällen zu können, wird sich dabei auch immer tendenziell selbst verlieren, und irgendwann wirklich nicht mehr zwischen der einen und der anderen Person unterscheiden können. So entsteht ursprünglich, denke ich, auch das psychologische Phänomen, etwa seinen alten Chef, seien Vater oder seine Mutter in anderen anteilmäßig wiederzuerkennen. Wenn etwas wie ein Trauma oder ein Missbrauch vorliegt, kann es einem passieren, dass man auch die Täter, die einem Leid zugefügt haben, in anderen sieht, die dies gar nicht beabsichtigen (dem Betreffenden Leid zuzufügen).  Die Zweite-Weltkriegs-Nachkriegs-Generation, der Bob Dylan angehörte, war ja mit Kriegs-und Flucht-Traumata reich „gesegnet“. Da machten dann manche Freud-und-Jung-Analysen wieder eindeutig Sinn. Aber die Osirisse der damaligen Zeit wussten zumindest, ob es Isis war, die sie zerstückelt hat, oder der Verrückte, zu dem sie ins Auto gestiegen sind. Angehörige meiner Generation hingegen -ich wurde 1976 geboren- leben oft in der Diffusität subtiler Traumata, z.B., wenn in Familien die Wahrheit über bestimmte Dinge schon deswegen nicht mehr gesagt wurde, weil die Eltern es selber nicht mehr wussten, oder meinten, solche Dinge einem Kind nicht zumuten zu können. Aus solchen diffusen Traumata entstand ein Krankheitsbild wie Borderline. Neben der Frage, wer die Schuld am zweiten Weltkrieg trug, ergab sich bei Dylan noch das, was er selber Anthony Scaduto über seine Fahrt per Anhalter nach New York schilderte: „Und dann stieg ich ins Auto von so `nem Typen, sah aus wie Bela Lugosi. Manchmal geht so was gut, und manchmal nicht. Heute würde ich nicht mehr Hitchhiken. Die Sache ist eindeutig noch gefährlicher geworden.“ Natürlich kann so ein Trauma – wenn ihm beim Hitchhiken etwas Übergriffiges passiert sein sollte- durch Songs wie „Sweet Hitchhiker“ von Creedence Clearwater Revival auch immer wieder angetriggert und beruhigt worden sein. Nahezu beides gleichzeitig, und alleine nur in den 1960ern auch immer mal wieder. Denn man nahm ja auch selber mal eine hübsche Anhalterin mit, und tat dieser dann vielleicht überhaupt nichts Schlimmes. Wenn man eine festgefügte Persönlichkeit ist, passieren einem Projektionen nicht so schnell. Das Ganze kann natürlich gerade bei sensiblen Menschen und Künstlerpersönlichkeiten auch immer wieder ins Wanken geraten, was natürlich auch für Künstler in gewisser Weise unerlässlich ist. Denn wer nicht sensibel ist, kann auch nicht im eigentlichen Sinne Kunst machen. Dennoch entscheidet die Art, wie man im Leben steht, oft darüber, wie man solche Erschütterung der eigenen Gewissheiten aufnimmt. Das kann unter anderem dann geschehen, wenn man doch mal unerwartet jemanden aus der Vergangenheit wiedertrifft, sei es eine positive oder eine negative Begegnung, und das jeweilige Überraschtsein darüber, dass sich inzwischen auch „beim anderen etwas getan hat“ (bei Tätern zum Beispiel echte Einsicht und Läuterung, oder überraschen Nicht-Einsicht), oder man findet heraus, dass die mystisch-göttliche Ebene eben doch stimmt, und einen wieder in ein fluides Denken und Wahrnehmen führt, was weniger problematisch ist, wenn man dann bereits mit sich selber übereinstimmt. Und wenn der „Zwilling“ oder Seelenverwandte nicht mehr der böse Schatten ist (Der Schatten ist nach C.G.Jung die eigene verdrängte dunkle Seite, die man selber an sich ablehnt), der einen aus der Anonymität des Unterbewusstseins bedroht, sondern vielleicht ein heißgeliebter Jugendfreund oder eine neue Liebe, dann wird man sich zweimal überlegen, ob man ihn bzw. sie vor den Kadi zerrt, vor den Zug schmeißt, oder rechtzeitig das Steuer rumreißt, bevor man über die Bahnsignale fährt, und der Zug kommt. Man muss nicht immer lebensgefährlich bei so etwas verunglücken.

 

Tweedle Dee und Tweedle Dum, die beiden Zwillinge aus „Alice im Wunderland“, die die Namensgeber von Bob Dylans Song aus dem Jahr 2001 sind, bekommen das wohl gerade noch so hin, weil sie das Grauen im Nacken noch spüren. Und noch wissen, dass es mindestens komisch ist, wenn man bei einem Autoverleih ein Auto leiht, der schon „Desire“heißt, wie ein Album, das Bob Dylan mal aufgenommen hat, und auf dem der Schlüsselsong „Isis“ sich befindet. Und natürlich denkt man dann auch an Blanche Dubois, die Hauptfigur von „A Streetcar named Desire“ („Endstation Sehnsucht“), eine sensible Dame aus gutem Hause, die aus der Psychiatrie entlassen wurde, und hilfesuchend zu ihrer Schwester und deren jüngst geheiratetem Mann fährt, ein bisschen wirr ist, aber ihre guten Manieren nicht vergessen hat, und die schon alleine wegen des Satzes „Ihr Süßen, es ist so schön! Der Straßenbahnwagen hieß Sehnsucht !“ wieder für verrückt gehalten wird, was nur daran lag, dass sie die damals neue Werbung auf öffentlichen Verkehrsmitteln noch nicht kannte. Die „Endstation“ für Blanche ist aber die Erkenntnis, dass ihre Schwester einen Säufer geheiratet hat, der sie schlägt, und sie von den beiden dann noch gemeinschaftlich wieder für verrückt erklärt und erneuet in die Psychiatrie eingewiesen wird.

 

„Slow train coming“ nannte Bob Dylan bereits 1979 eher umsichtig seinen Song über die kommende Apokalypse. Es gibt Prediger, die einem das etwas brachialer um die Ohren hauen, und dann selber verwundert sind, wenn es doch nicht passiert. Natürlich finden sich in meinem Gedicht auch Anspielungen auf die IG Farben, Walter Faber von Max Frisch, die Twin Towers, und die Bitte an alle Seelenverwandten von mir, sich weder für meine Feinde, noch für meine echten Verwandten zu halten. Werft niemanden aus eurem Auto, wenn ihr ihn liebt. Auch nicht, wenn da statt „Don’t drive drunk“ plötzlich „Fahr nicht immer besoffen, du Arschloch!“ oder der für Fahrradfahrer in manchen Gegenden Hamburgs derzeit „normale“ Hinweis „Wenn du das liest, fährst du auf der falschen Seite!“, bzw. „Wenn du das liest, bist du ein Geisterfahrer!“steht, und ihr furchtbar erschreckt.

 

 

© by Patrick Rabe, 12. März 2021



***

 

 

Der hohle Voodoomund gähnt in die Vorstadthäuser

 

Die Nackten tanzen, und ich will keine Geschenke.

Ich bade mich in Asselsäure und Fühlerkakerlakendenke.

Ich schicke euch Dämonen, die ihr euch nicht mal vorstell’n könnt,

das letzte Stündlein hat geschlagen, ich sehe lachend zu, wie Hamburg brennt.

Ich wälze mich in Scheiße, und knie‘ vor meinem eig’nen Kot,

ich rutsche in der Pisse rum und röhre laut ins Morgenrot.

Und kotzend fällt die Sonne in einen Eimer ohne Tropf.

Erst kommt der Birger mit dem Stuhl,

dann kommt die Frau mit dem Hähnchenkopf.

 

 

© by Patrick Rabe, 13. März 2021, Hamburg.

 

***

 

 

 

Klapsmühle, Tag eins

 

Personen:

 

Zwei Pfleger (sprechen ohne Anführungszeichen und als eine Person)

Ein Eritreaer (spricht in Anführungszeichen)

Ein Arzt (spricht in Großbuchstaben)

Der Neijsche Typ (spricht kursiv geschrieben)

Der Regieanweiser (spricht in Klammern manchmal das, was auf der Bühne geschehen soll.)

 

Rätselhafterweise ist dies kein Hörbuch.

Sondern ein Theaterstück.

Sie müssen es lesen.

Als Quasigedicht.

Sie können es auch gerne in ihrer eigenen Wohnung nachspielen.

Wenn sie zwischendurch kotzen müssen, müssen sie die Kotze selber wegwischen.

Oder einen Pflegedienst anrufen.

Jetzt fängt es an:

 

Du musst mitten in die Scheiße reinpetten, das bringt Glück!

Los, du Qualsterkopf, zähl bis zehn, bis wir dich auseinanderhacken!

Du bist hier in der Hölle, du kommst hier nie wieder raus!

Du musst ab jetzt immer verfaulten Gammelkäse von Extraschimmel essen,

den wollen die bei Aldi loswerden.

Los, friss, du Neger!

Mehr Käse! Mehr Käse!

Stopft ihm den stinkenden Scheiß in den Mund!

Zieht ihm das Ungeziefer aus der Nase, damit er frei atmen kann!

„Oh ja, Buana, was soll ich tun?“

Du kannst erstmal damit anfangen, alles zu verlernen, was du kannst,

damit wir dich nach Eritrea zurückschicken können.

„Ich komme aus Klein Flottbek!“

Ach, das ist also in Afrika, ja?

„Nein, in Hamburg.“

Du bist aber nicht mehr in Hamburg,

du bist in der Hölle!

„Was muss ich tun, Buana?“

Uuuuuuuuuuuuuuuuuuuh sagen.

Und dann Aaaaaaaaaaaaaaaaa.

Wenn du das in Deutschland auf der Straße sagst, kommst du hier besser klar.

„Was stopft ihr mir in den Mund?“

Rattengift, damit du dein Deutsch verlernst.

„Uuuuuuuuuuuuoh!“

Schon sehr gut, du dreckiger Nigger!

„Aaaaaaaaaaaaj!“

(Arzt kommt rein.)

Der Nigger hat nur noch zwei überflüssige Buchstaben.

Ein O und ein J.

WUSST ICH. ES IST O.J. SIMPSION.

Sollen wir ihn töten?

NEIN. SCHICKT IHM DEN NEIJSCHEN TYPEN REIN.

(schwarzhaariger Typ mit einem Schielauge kommt rein und sagt)

Neijsch! Neijsch! Neijsch! Neijsch! Neijsch! Neijsch!

 

 SO, HERR OJO. SIE KOMMEN JETZT MIT DIESEM NETTEN HERRN HIER AUFS ZIMMER, UND DANN LERNEN SIE DAS WORT, DAS ER KANN!

 

(Die Pfleger schließen die Tür hinter dem Eriträer und dem neijschen Typen und gehen mit dem Arzt in der Mitte ab.)

 

(der Arzt mumelt:)

 

NEIJSCH, NEIJSCH, NEIJSCH…

 

(Die Pfleger gehen mit ihm um eine Ecke im Flur und schlagen ihn zusammen.)

 

(Aus dem Krankenzimmer ertönt ein lauter Hilfeschrei, dann Wasserrauschen, Vogelgezwitscher,  und ein Presslufthammer, der immer lauter wird.)

 

 

 

© by Patrick Rabe, 13. März 2021, Hamburg.

 

 

***

 

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