Patrick Rabe

Zwei Mittwochmorgende

Zwei Mittwochmorgende

 

In einer Winternacht

hab ich mich aufgemacht,

an einem Mittwochmorgen zuviel.

 

Dann bin ich aufgewacht,

und hab nicht mehr gelacht,

denn das Ding hier war kein Spiel.

 

Bin in den Wald gerannt,

wünscht‘ ich blieb‘ unerkannt,

und ich legte mich in den Schnee.

 

Wünschte mir zu erfrier’n,

zu liegen bei den Tier’n,

doch kalter Schnee tut bitter weh.

 

Da ging ich dann zurück,

zu meinem halben Glück,

einer warmen Bude und Tee.

 

Aber sie jagten mich,

ach, und sie fragten nicht,

was ich ab jetzt in allem seh‘.

 

Und ich fand den Mond,

und seine rettende Gnade,

das Reh, das Morgenrot,

doch keine Bundeslade.

 

Und ich fuhr in die Stadt,

die viele Häuser hat,

und sie hatte auch einen Fluss.

 

Denn dort war ich zuhaus,

doch sie sah jetzt anders aus,

und all ihr Licht gab mir einen Kuss.

 

Es ist nicht wirklich

 besser geworden,

Morden bleibt Morden,

daraus wird kein Gedicht.

 

Doch, was sie niemals sah,

hier nur war er mir nah,

und ich sah sein Gesicht.

 

Ich war unten am Fluss,

fand die Gnade, den Kuss,

an einem Mittwochmorgen zuviel.

 

© by Patrick Rabe, 2. Juli 2021, Hamburg.

 

Für Tom Liwa.

 

 

Selbstverständlich ist sein Lied „Unten am Fluss“ ebenso ein verstehendes Aufgreifen von Bob Dylans „One too many mornings“, wie mein Gedicht hier auch. „Unten am Fluss“ ist mein Lieblingssong von Tom Liwa. Ich kann den nicht besser schreiben. Was ich auch nie wollen würde. Ich hatte nur gedacht, ich schildere Tom mal meinen „Mittwochmorgen zuviel“. Ob es wirklich ein Mittwoch war, weiß ich nicht. Es waren aber zwei Tage und zwei Orte. Beide auf der Erde. Und aus Prinzip schreibe ich das „er“ und „sein“ in diesem Gedicht klein, denn ich habe nie Jesus als verkörperte Person vor mir gesehen, wohl aber seine Gegenwart gespürt. Ich halte einfach nichts von Sakralgedöns mit groß und klein geschriebenen Buchstaben, und dem bekloppten Aufstehen der gesamten Gemeinde, wenn der Evangelientext gelesen wird. Das hat für mich den Touch von „Heinrich, der Pfarrer, der Lehrer und der Polizist kommen. Du musst jetzt den Hut lüften!“. Es ist aber dennoch hoffentlich klar, dass ich hier Jesus meine und keinen schwulen Lover.

 

„Dieser Stuhl ist zu hart“, sagte Babybär. „Dieser Stuhl ist zu weich“, sagte Babybär. Doch dann setzte er sich auf den Stuhl in der Mitte. „Dieser Stuhl ist genau richtig.“, sagte Babybär. Da freuten sich Mama Bär und Papa Bär. An ein Goldlöckchen hatten sie da noch nicht gedacht.

Ich hoffe sehr, niemand fühlt sich durch das Gedicht oder die Erklärungen dazu beleidigt. Es geht schon ums erfassen der zwischentöne, und ich habe eigentlich nie im Sinn, mit meinen gedichten hintenrum jemandem eine überzubraten. Allerdings ist nur alleine schon das Märchen "Goldlöckchen und die drei Bären" so unterschiedlich von Leser/innen aufgefasst worden, dass man sich schon gar nicht mehr traut, es zu erwähnen. ich habe es als Kind gelesen. und so verstehe ich es auch. Nicht als Vergewaltigungshorrorstory oder Frauen-und Kinderfeindliche Hassgeschichte.  Der Subtext ist ja auch eigentlich, dass ich die Goldlöckchens, die chaotisch in Häuser eindringen, auch ganz gerne mag. Sie müssen nur meine Stühle und mich heil lassen. Abgesehen davon geht es in meinem Text hier um sehr lange zurückliegende Dinge aus meinem eigenen Leben.

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