Hans Fritz
Gassenzauber
Es gibt sie noch, die schmale Gasse,
als Attraktion der Innenstadt,
ein Juwel in öder grauer Masse,
die der Mensch geschaffen hat.
Vergessen ist das Kopfsteinpflaster,
Asphalt den Fahrdamm heute deckt,
passt in modernes Ordnungsraster,
das Altehrwürdiges versteckt.
Da ist das Haus mit grüner Pforte,
wo einst der alte Glockenzug
dem Einlass Bittenden rumorte,
wann immer auch die Stunde schlug.
Geschlossen sind die Fensterläden
schon seit langer, langer Zeit.
Gezeichnet von viel Wetterschäden
zum Rückbau steht das Haus bereit.
Wer wohnte einst in diesen Mauern,
starb wohl einsam, unbemerkt?
Öde Jahre mögen überdauern
diejenigen die hier gewerkt.
Es hat die gute Muhme Trude
die Grossfamilie überlebt,
blieb allein in der vertrauten Bude,
hat ihren Frieden still erstrebt.
Eines Morgens in der Frühe
fahren Baumaschinen auf,
brechen eifrig ohne Mühe
alt Gemäuer ab zuhauf.
Kaum ist ein Jahr vergangen,
das Haus erstrahlt in neuem Glanz,
Schaukasten ist behangen
mit hübscher Deko Eleganz.
Ein Laden bietet Souvenirs und Karten.
Unter sorgsam renoviertem Stuck,
darf ein Kunde gern erwarten
Trödelkram, auch manchen Schmuck.
Geschlossen sind die Fensterläden
schon wieder seit viel Wochen,
denn eine Pandemie setzt Schäden,
kann Etabliertes unterjochen.
Auf dem Sims die schwarze Katze
nun vermisst der Menschen Hast,
springt hinab mit wildem Satze,
gönnt sich im Dunkel keine Rast.
Noch gibt es sie, die schmale Gasse,
einst Attraktion der Innenstadt,
ein Juwel in öder grauer Masse,
die der Mensch geschaffen hat.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 27.11.2021.
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