Renate Tank

DIE TANNE


DIE TANNE

 

Die Nadeln werden langsam alle braun
und stigmatisieren den aufrechten Baum

mit einem krankhaften Ton.

Doch wen kümmert das schon?

Vögel fliegen noch aus und ein

und sorgen sich vielleicht mit mir:

wann wird ihr zu Hause nicht mehr sein?

 

Diese Tanne konnte meine Phantasie entzücken,
denn ihr Geäst ließ mich viel erblicken.

Heraus formten sich mancherlei Zweiggestalten

und flüsterten geheimnisvoll-verhalten…

 

Nun sind ihre Baumgeister verwirrt, entsetzt.
Mein sorgender Blick täglich zu ihnen hetzt.

Wie prächtig und stolz zeigte sie alle Zeit,

in der ich sie kenne, ihr perfekt grünes Kleid.

Als Ort des Schutzes hielt sie sich bereit

für unzählige Vögel und anderes Getier;

ihr jetziger Anblick macht, dass ich frier‘.

 

Zeitlupenmäßig begann, was schon drei
ihrer Schwestern das Leben nahm…

Meine Vermutung bringt mir Pein

- auch sie sollte wohl nicht mehr geduldet sein.

 

Ein reiches Leben
diese Schönheit sichtbar bewegte,

auch wenn sie von Zeit zu Zeit

ein Sturm wutentbrannt durchfegte.
Sie bog sich schwungvoll in der immensen Kraft,

sodass man hätte meinen können,

auch ihr hat es ungemein Spaß gemacht.

 

Doch nun hängen so traurig und kraftlos
die bräunlichen Zweige; 

ich sehe sie sterben, mehr und mehr.
Von nirgendwo kommt Hilfe her.

 

Dann wird wiederum eine große Lücke sein.
Auch bei den Geschwistern

goss man etwas ins Erdreich hinein,
und bald darauf setzte ihr

allmählicher Sterbeprozess ein.
Mein Bedauern, mein Betrauern

wird dann bereits vierfach sein.

 

Werden die beiden restlichen
Tannen wohl verschont?

Zwanzig Jahre habe ich mit ihnen

vertraut Blick an Blick gewohnt.

 

© Renate Tank
25.10.2021

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