Jana Hentzschel
Larissa und der Schneemann
Der Schneemann Fritz steht seit paar Tagen
im Innenhof ohne zu klagen,
steht still an seinem Platz und lacht,
obwohl ihm etwas Sorgen
macht.
Was anfangs nur ein leichtes Zwicken
im Nacken und im
unt‘ren Rücken,
ist jetzt ein Schmerz, der irre sticht,
sodass er manchen Fluch ausspricht.
Im Dunkeln freilich dies
geschieht,
wenn‘s keiner hört, ihn keiner sieht.
Er
läuft auch nachts, legt sich mal nieder,
doch kehrt sein Schmerz im
Stand bald wieder.
So tut ihm sehr der Rücken weh,
als
er des Nachts durch hohen Schnee
gemächlich schlurft und was
entdeckt,
das sofort sein Int‘resse weckt.
Er liest den
Schriftzug überm Haus:
Larissas Massagesalon
Für jede Art von Schneefigur
gibt’s gratis hier Entspannung
pur.
Begeistert grinst er und ruft aus:
„Was
Bess‘res kann mir nicht passieren.
Ich lass mich einfach mal
massieren.“
Er tritt hinein durchs Eingangstor,
hebt
kurz den Topf und stellt sich vor.
Die schöne Frau, so
groß wie er,
begrüßt ihn herzlich: „Freut mich
sehr!
Ich bin Larissa und massier
dich gern bei mir im
Eisraum vier.“
Das Zimmer hat nur wenig Licht.
Larissa
lächelt und sie spricht,
er solle Topf und Schal ablegen.
Der Schneemann tut es – leicht verlegen –
und legt sich
bäuchlings auf die Matte,
die sehr bequem, weil weich wie Watte.
Schon spürt er, wie die Finger drücken,
ihn kneten,
streicheln, ihn beglücken;
von unten hoch und wieder runter,
er
schwebt verträumt und ist doch munter.
Bis die Masseurin fest
ihn packt.
Fritz, überrascht von dem Kontakt,
erlebt ein Heben,
Ziehen, Drücken,
schon liegt gedreht er auf dem Rücken.
Sie will nun vorn das Gleiche machen.
Das kitzelt Fritz und er muss
lachen.
Er zuckt zunächst und windet sich,
doch
fühlt er dann ganz inniglich,
wie ihre Hände ruhig streichen,
um die Entspannung zu erreichen.
Und er genießt die halbe
Stunde,
bis er vernimmt Larissas Kunde:
„Das wars für
heut! Wir machen Schluss.“
„Ich danke herzlich! Welch
Genuss!“
„Das freut mich sehr. Komm gerne
wieder.“
Der Schneemann streckt die frischen Glieder.
Dann steht er auf und setzt den Topf
sich akkurat auf seinen Kopf,
legt sich um seinen Hals den Schal:
„Fantastisch wars! Bis
nächstes Mal!“
Beschwingt geht er nach Haus zurück
–
erleichtert, locker, voller Glück;
stellt sich auf
seinen Platz und lacht,
weil nichts ihm derzeit Sorgen macht.
***
© Jana E. Hentzschel
Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Jana Hentzschel).
Der Beitrag wurde von Jana Hentzschel auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 26.01.2022.
- Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).