Patrick Rabe

Gotteskrieger, Rauch am Himmel, und Leichen, die ver (...)

Der hier vorliegende Text ist im Prinzip für einen Poetry Slam gedacht. Er darf - wenn- natürlich nur von mir selber performt werden. Aus Rücksicht auf den Jugendschutz der auf e-stories manchmal mitlesenden sehr jungen Leser*innen (noch einmal: e-stories ist aber eigentlich ein Literaturforum für Erwachsene) empfehle ich dieses Gedicht hier ab 18 Jahren.

Gotteskrieger, Rauch am Himmel,

und Leichen, die verkehrswidrig mitten über die Mönckebergstraße laufen

 

Aus Leichenteilen bauen sie ihr neues Königreich.

Auf psychiatrischen Stationen zusammengesetzt,

in vollgeschissene, grüne Hosen gesteckt,

unter keckerndem Lachen vor mir in den Hof gekackt,

und aus dem Arsch eine winzige Bibel gezogen.

Ich grabschte ihr an die Füße

und fickte ihre geile Körperkiste

von seitwärts hinten nebenher und von oben runter in den Arsch,

um ihr das Christentum aus dem Kopf zu bumsen.

Laut stöhnend segelten wir auf Hassfontainen

nach Wacken,

wo die aus uns herausquellende,

evangelikale Soße

woodstockmäßig den Regen aufhielt,

was ja in Woodstock nicht geklappt hatte,

nur dass die evangelikale Gummibärchenenergie

des frohgemut an der Arche-Kanzel hüpfenden Pastors Wegert

Wacken in einen einzigen

Haribouuuääärks-Schlager-Heino-auf-schlechtem-LSD-mit-von-Rammstein-geklauten-Koks-für-jeden-Metler-unzumutbaren-Alptraum

verwandelte,

wo sogar Helene Fischer auf dem Rücken akkordeonspielend

und am Saxophon blasend am Trapez über die Menge fliegend

noch als Hardcore-Thrash-Metal durchging,

der in der aktuellen Schaubude

als Frühstücksfernsehen gesendet wurde.

Mit Tatüüü-Tataaa brachten sie uns nach Rindermaut-Zoll,

der Züchatrie von Ham-Eggs-und Bulettenburg.

 

Es waren heilige Momente,

als der Ofen in der Züchatrie explodierte

und trotzdem keiner starb,

weil wir achthundert milliarden Jahre

auf dem Rasen lagen,

und die vorbeigehenden Füße und Fahrradreifen

hinter dem Zaun beobachteten,

die das Einzige waren,

was wir noch von der normalen Welt draußen mitbekamen.

 

Die Zivilisation ging unter,

und draußen liefen Dinosaurier

und Pappbecher von Starbucks herum,

die versuchten,

mit atomar verstrahlten Aliens

eine Werbesendung für Tide

hinzubekommen.

 

Samuel Lampe von der Funzel

machte ein letztes Selfie

bevor er sich den Kopf schor

und Unmengen Studentenfutter

als Heiliges Abendmahl

in sich hineinschaufelte,

das in seinem Körper

zu den abgetrennten Organen

der Märtyrer aller Jahrhunderte wurde.

 

Ich sah ihn an.

Er war unschuldig.

Erst 18,

und noch nicht mal in Düsseldorf rumgerannt.

 

Es machte mich traurig,

dass die Frau mit dem Hähnchenkopf

nachts in sein Zimmer ging,

und als Atombombe explodierte.

Leider hatte er noch mein Buch auf seinem Zimmer.

Acht Lichtjahre später

holte er es für mich wieder

hinter dem Tresen eines Dönerladens hervor.

 

Ich wurde geschlachtet

in einem schlecht gekachelten,

mit Glasscherben übersäten Raucherraum,

wo mich irre türkische Bauarbeiter

immer wieder auf die Fliesen kloppten,

mich mit den Scherben aufschnitten,

und mich mit Kettensäge, Flex und Rundsäge

auseinandersägten,

um dann auf mir herumzutrampeln,

glühende Zigarettenasche in meine Wunden zu aschen,

und dann einen Presslufthammertanz

auf meinen Überresten aufzuführen.

 

Danach wurden meine klumpigen Einzelteile

in einer Eisenwanne in heißem Blut gebadet,

aus dem ich dank des sardonischen Herrn Knaus

wieder als Dröhnix auferstand,

kerzengerade aus der Wanne wachsend

und ein Kleenex fordernd,

doch er gab mir nur eine Flasche Benzin zu trinken,

um mich dann ganz umständlich,

und mir Hals und Wirbelsäule dabei brechend

langsam schnell an den Fixierstuhl fesselte,

wo ich durch die Scheibe beobachtet werden konnte

von Havevalls Geburtstagsgästen,

die mir eine Runde Eiter

als Ghostbusters-Slime

intravenös spritzten,

damit ich danach leichter

von dem Birger mit dem Ghul

unter Affengeheul totgekloppt werden konnte,

und danach wieder als rosa Schleim

in den Schächten der New-Yorker Subway

und grinsender, grüner Geister-Bus-Fahrer

neu geboren wurde,

der die Direktstrecke

Hamburg-Basel-Mars-New York

im Schlaf, aus dem F.F. und unter schweren Tranquilizern ,

quasi spielend im Esmeralda-Modus

zum dritten F. auf die Mönckebergstraße fahren konnte,

um dort der Ghostbusters-Siegerparade beiwohnen zu können.

 

Dann ging ich wieder in den Garten,

um Menschen vor dem Brand des explodierten Küchenofens zu retten.

Ich rettete alle 800 dort anwesenden Israeli,

nur Herbert Grönemeyer mit Beinschiene nicht.

 

Er bestand darauf,

dass, während man rumrennt, und Menschen aus den Flammen rettet,

 aus einer Gideonbibel Psalmen gelesen werden müssten,

die man gleichzeitig noch in allen nur denkbaren Varianten auslegt.

 

Genau deswegen stürzte Samy Deluxe

bei der Übertragung der Fußballweltmeisterschaft

nach Babylon ab,

lallte nur noch in Zungen unverständliches Zeug,

fiel als Schlange in mein Müsli,

in dem außerdem

ein zerdätschtes, drei Jahre altes Brötchen schwamm,

dem die schöne Schwarzhaarige vorher

lustvoll ins Hirn geschissen hatte,

mitten in den Brötchenschlitz,

wo schon kein Querbalken mehr

zwischen den beiden Hälften war,

um das Hirnbrötchen

für alle Zeiten zu versauen,

und sich mitanzusehen,

wie der ganze Brötchenteig sich voll Scheiße saugt,

und Jesus‘ Gehirn langsam von der Scheiße überquillt,

die in Langenhorn, Horn und L.A.

aus den Köpfen der Gelangweilten suppt,

die sich wünschen würden,

vor ihrer Haustür wären die Bronx,

und sie hätten irgendeine Rechtfertigung dafür,

ihre Nachbarn für ihr verkacktes Leben

verantwortlich zu machen,

und sie auf der Straße

zu Tode zu hetzen

und abschlachten zu dürfen.

 

Ewig singen die Wälder.

Ewig ist Gerd Fröbe kein Norweger.

Und ewig ist Hansjörg Felmy

nicht James Dean,

der vom Vater ungeliebte Sohn

in „Jenseits von Eden“.

Ewig singen die Polizeisirenen,

ewig singen die Eingesperrten in U-Haft

unter der heißen Polizeilampe,

und ewig singt der Morgenvogel

in der Nacht vor der Ankunft des Heilands.

 

Ungeheuer brausten die Ströme hin.

 

 

 

Patrick Rabe, Mittwoch, 25. Januar 2022, Hamburg.

 

© by Patrick Rabe

 

 

 

 

Für alle, die noch in der Psychiatrie oder im Gefängnis sind, und dort leiden und gequält werden.

Ich denke an euch.

 

Die Zeile „Ungeheuer brausen die Ströme hin.“ , ist aus der Kurznovelle „Klein und Wagner“ von Hermann Hesse.

 

Die Zeile „Mit 18 rannt‘ ich in Düsseldorf rum“ ist von Marius Müller-Westernhagen aus dem Song „Mit 18“.

Der "Birger mit dem Ghul" ist eine Variante von meinem berühmten "Birger mit dem Stuhl", und es ist ausdrücklich nicht der bekannte Borderline-Arzt Birger Dulz damit gemeint.

 

Und natürlich schreibt man „Psychiatrie“ nicht „Züchatrie“.

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