Patrick Rabe

Birgernacht

Birgernacht

 

Aus dem Birger murmelten hervor,

tausende von Stimmen in der ganzen Nacht.

Ich wollt’s nicht hören, doch es drang zum Ohr,

und was ich hörte, hat mich wahnsinnig gemacht.

Er sprach mit Stimmen, die er von Bekannten

und Freunden von mir hatte, auf mich ein,

sie murmelten die Worte wie Verwandte,

doch drangen sie aus Höllenräumen ein.

Die Hure zu beseitigen, das war sein Wunsch an mich,

doch was zum T…, wenn ich die Hure lieb‘?

Das Haus fiel auf der Demo um, ganz sicherlich,

doch das, was lebt, ist ein zu grüner Trieb.

Er warf den Stuhl nach mir, und seitdem leben

die Stimmen aus dem Zwischenreich in mir,

die manchmal nach dem Himmel, mal zur Hölle streben,

mein Mund spricht sie, die Erde, sie ist hier.

 

 

Patrick Rabe, Donnerstag, 17. Februar 2022, Hamburg.

 

© by Patrick Rabe

 

Das Gedicht bezieht sich auf meine „Der Birger mit dem Stuhl“-Gedichte, die von einer realen, unheimlichen Erfahrung in der Psychiatrie handeln. Dort lag vor ca. drei Jahren ein junger Mensch für mich ungeklärten Geschlechts neben mir, der mir als Autist vorgestellt wurde, der kaum sprechen könne. Ich habe mittlerweile aber herausgefunden, dass es sich dabei aber wohl um eine in der Umwandlung zum Transmann befundene, alte Weggefährtin von mir gehandelt hat, die offensichtlich auf einer Demonstration sehr schwer verletzt worden ist, nach ihren Angaben von einem Flammenwerfer. Nachts begann sie/er mit unterschiedlichsten Stimmen auf mich einzureden, offensichtlich, um mir das alles zu schildern, und mir klarzumachen, worum es zur Zeit ihrer/seiner Meinung nach geht. Nur war ich damals- ebenso wie sie/er auch in einer inneren und äußeren Extremsituation, und hätte sowieso in keinster Weise adäquat reagieren können, was immer sie/er auch in diesem Moment adäquat gefunden hätte. Offenbar schnarchte ich in Nacht, was sie/ihn störte, und sie/er redete in der Nacht, was mich störte. Es hätte ja für mich händelbar sein können, denn das Leute nachts irgendetwas murmeln, kenne ich durchaus. Nur wirkte das Ganze auf mich wie die Szenen aus „Der Exorzist“, wo aus dem kleinen Mädchen die Stimmen der Dämonen reden, und sich als Menschen ausgeben, die sie einmal gekannt hat. Das ist noch etwas anderes als „Stimmen hören“ oder „innere Stimmen im Kopf haben“, das ist, dass quasi die Stimmen von Menschen, Dämonen, Göttern und was nicht alles sonst, plötzlich aus dem eigenen Mund herauskommen. Und das kannte ich vorher so nicht. Ich kannte lediglich das „In Zungen reden“, wie es in den Pfingstgemeinden üblich ist, was aber aus meiner heutigen Sicht wohl etwas Ähnliches ist. Bereits Paulus riet ja auch im Grunde davon ab, es zu praktizieren. Das, was ich allerdings dann überhaupt nicht einordnen konnte, weil es eben auch im eigentlichen Sinne nichts mit Satanismus und Medianismus zu tun hat, bei dem durchaus einmal die Stimmen von Verstobenen, die sich in der Hölle befinden, aus einem sprechen können (ich würde das nur nie praktizieren!!!), sondern, dass sie/er dann auch mit Stimmen von Menschen sprach, die eindeutig noch LEBEN. Es ist möglich, dass sich dahinter ein verzweifelter Versuch verbarg, irgendwie zu mir durchzudringen. Aber ich empfand ihn notwendigerweise als bedrohlich. Lebensbedrohlich wurde es dann, als sie/er den im Zimmer befindlichen Stuhl nachts in mein Rückgrat schleuderte (ich vermute halt, dass es der Stuhl gewesen ist). Für mich ist diese Sache, auch wenn sie schlimm war, allerdings vergeben und erledigt, unter anderem, weil wir uns danach noch einmal begegnet sind, und uns wieder angefreundet haben. Aus meiner Sicht sind die Psychiatrie –und auch die Hölle, das Weltall und andere extreme Orte, an und in die man so geraten kann, wirklich keine Orte, wo man Dinge klären und in Ordnung oder „wieder gut“ machen könnte. Das sind alles Orte und Zustände, die sich vom normalen Leben so weit weg befinden, dass man allenfalls dort nur noch mehr Chaos hervorrufen kann. Durch diesen Schlag in mein Rückgrad sind die Stimmen, mit denen meine Weggefährtin/mein Weggefährte nachts zu mir redete, teilweise wohl auf mich übergegangen. Seitdem habe ich zeitweilig das Phänomen an mir, dass aus meinem Mund Stimmen kommen, die eindeutig nicht meine eigene sind.  Medikamente helfen da nicht. Mir hilft, in MEINE Mitte zu kommen, und mein ganz normales Leben weiterzuleben –also eben DAS Leben, das ich WIRKLICH leben WILL, dann halten sich diese mir wesensfremden Dämonen  im Zaum oder verschwinden ganz und sprechen nicht aus meinem Mund. Einen Exorzismus hielte ich bei mir für eindeutig unnötig und übertrieben. Was hilft nun aus meiner Sicht „ins Leben zurückzufinden?“. Für mich eben schon ein gewisser Glaube an Gott, aber nichts, was einem Kirchen oder andere religlöse Gruppen überstülpen würden. Zum Leben helfen aber auch vor allem keine Sekten wie Scientology, die leider immer mehr Grund und Boden im Hamburg aufkaufen, oder sonst etwas. Zum Leben hilft die einem ganz persönlich eigene Spiritualität, das mit beiden Beinen auf dem Erdboden stehen, und das zu tun und zu leben, was man wirklich leben MÖCHTE.  Das Leben auf der Erde spielt sich auf der Erde ab. Ist ein verblüffend einfacher, und fast schon mystischer Satz. Stimmt aber halt. Nur sind die Menschen auf der Erde ja recht unterschiedlich. Und genau das bejahe ich ja. Einen Unisonoweg für alle lehne ich kategorisch ab.

 

 

 

Patrick Rabe, Donnerstag, 17. Februar 2022, Hamburg.

 

© by Patrick Rabe

Und nur, weil ich es mir angewöhnt habe: Ich denke, dieser Text ist problemlos für Menschen ab 14 empfehlbar. Triggern oder negaviv beeinflussen kann einen schließlich jeder Text. Und ich schreibe ja eigentlich nie speziell für Kinder. Wenn Fragen zu dem Text bestehen, kann man sie ja in die Kommentare schreiben. Ich versuche dann, darauf zu antworten.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 17.02.2022. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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