Ein Flug in den Urlaub

Ein Teil der Räuber ist verreist,
wohin ist Gott egal,
ins irdische Paradies,
um sich noch fetter zu mästen,
zum Teufel in die Hölle,
von wo sie abstammen,
ins himmlische Weltall,
sich neue Heiligenscheine zu holen;
sie werden vor Ort die Gäste beklauen,
am Strand, im Hotel, beim Flanieren.

Bezahlt wird ihr Urlaub mit meinem Geld,
aus meinem Safe geklaut in 2018
und bis dahin schon fünfzig Jahre so.
Die beiden Aufpasserinnen sind ausgeflogen,
die schwergewichtige Mutter mit ihrer Tochter,
die Autos stehen im Garten,
es gibt keine Bewegung am Tag.

Der Juniorräuber und der Enkel sind da,
aufpassen auf das Haus voller Beute,
aufs Nebengebäude mit Bodenbrettern,
und was sie dort sonst noch verstaut haben,
was sie mir und meinen Vorfahren
in fünfzig Jahren geklaut haben.
Der Seniorräuber ist nicht zu sehen,
nicht dass ich ihn vermisse.

Sie könnten ausgeflogen sein,
sie könnten mich auch blenden,
ich muss mit allem rechnen,
besonders mit der jugendlichen Kröte,
die lebensgefährliche Bedrohung. 
Das Räuberhaus ist finster,
am Abend um zehn Uhr,
das sollte nichts Gutes heißen,
dann sind sie nach Mitternacht
bestimmt wieder nachtaktiv,
die beiden Hiergebliebenen.

Wie lange wird der Urlaub dauern?
Wie meistens, nur eine Woche,
sehr selten etwas länger.
Sie werden viel Spaß haben mit meinem Geld
von zahlreichen Raubzügen sich erholen,
und ich bin daheim und habe
den jugendlichen Räuberlehrling am Hals,
ein talentierter Zauberer,
der einmal berühmt werden könnte,
wo man sich fragt, wie macht er das?
Mit krimineller Energie!

In letzter Nacht war er schon hier,
in dieser kommt er wieder.
Die Hündin erwartet ihn schon an der Tür
Gebelle werden mich wecken,
falls ich überhaupt einschlafen kann.
Viel eher wird das eine schlaflose Nacht.

Woher auch immer, sie kommen zurück,
und das schon seit fünfzig Jahren,
in ihrem Gepäck sind Souvenire,
doch nie ein Geschenk für mich,
der ich doch alle ihre Urlaubsreisen
als Opfer zwangsläufig finanziere;
sie sagen nicht einmal danke.

© Brigitte Waldner