Anne Degen

Am Fluss

Ich bin gewandert viele Tage lang
vom Ursprung bis zur Mündung
am Fluss entlang.

Alle Jahreszeiten habe ich
mit ihm erlebt.
Dabei war manche Geschichte,
die mich heute noch bewegt.

Das ist schon eine Weile her.
Doch seit dieser Zeit
zieht's mich immer wieder her
zum Fluss,
der niemals inne hält,
so wie der Lauf der ganzen Welt.

Ich stehe am Ufer
und sinniere
über das "Woher"
und das "Wohin?"
Was ist des Lebens letzter Sinn?

Der Fluss gibt keine Antwort.
Aber sein Rauschen beruhigt
und bald frage ich nicht mehr:
"Woher" und "wohin",
sondern freue mich darüber, 
dass ich bin...

Es sind die Erinnerungen
an die unvergesslichen Momente
kleinen Glücks,
jeden Kostbaren Augenblicks,
die es lohnen,
dass sie in meinem Herzen wohnen...

Ich bewundere die schöne Blume
am Wegesrand.
Eine solche war mir
bisher unbekannt.

Ein Schmetterling
gaukelt vor mir auf dem Weg.
Er zeigt die Richtung,
in die es geht.

Ich gehe weiter.
Da vorne säumen angenagte Bäume
meinen Weg:
Der Biber baut sich
einen neuen Steg.

Manchmal sind Enten oder Schwäne
auf dem Fluss zu sehen.
Dieses Bild ist immer wieder schön! -

Ich gehe so lange
bis ich merke:
Der Tag hat sich schon geneigt.
Rot-golden sich die Sonne
im Wasser zeigt.

Ich muss zurück
und genieße noch einen Augenblick
lang die herrliche Abendstimmung
hier am Fluss.

Ich weiß genau:
Bald setze ich wieder hierher
meinen Fuß,
um den Fluss
wie in alten Zeiten

ein Stück weit zu begleiten...
 
Anne Degen

Der Fluss fließt wie das Leben dahin, bis er sich im Meer verliert.Anne Degen, Anmerkung zum Gedicht

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