Karl-Konrad Knooshood

Aus der Fassung



 

Unfassbare Verbrechen,

hab ich begangen,

Mordlust war's, kein Rächen,

lustvoll' Waten in Blutbächen,

sie konnten mich nicht fangen,

da ich unfassbar war,

 

Unfassbar, nicht zu fassen,

war ihnen immer voraus,

so um 2-3 Nasen,

konterte ich sie aus,

 

Sie konnten mich nicht fassen,

da ich immer flinke Haken schlug,

wie gehetzte Osterhasen,

im cleveren Schachzug,

 

Doch die Zeit kam bald,

jeder Mensch macht mal Fehler,

nicht nur der deutsche Ampel-Wähler,

hinter die Fichte im Wald,

 

Führten sie mich, in Hinterhalt,

nun führen sie mich ab,

ich bin gefasst,

und bin gefasst und hab,

 

Die Rechnung falsch kalkuliert,

mich verrannt, verspekuliert,

nun werd ich abgeführt,

harre dem, das aus mir wird,

 

Meine Fassung nicht verloren,

war ich doch gar unverfroren,

Der Staatsanwalt, aus allen Rohren:,

"Dieser Mensch ist arg vergoren!",

 

Oder war's "verdorben", "verrottet"?,

Gefasst war ich, ruhig, gelassen,

kein Lachen, nicht verspottet,

als sie mich, mein Tun vermaßen,

 

Fassungslos war die Menge,

Toben war im ganzen Saal mit Hall zu hören,

die eine Hälfte wollt', dass man mich hänge,

die andre, man sollt' mich lebenslang wegsperren,

 

Das Urteil, ich trug 's mit Fassung,

ehren-, würdevoll durchschritt,

ich den Saal, gefesselt, geführt zur Einknastung,

- "ohne vorzeitige Entlassung",

Ein neuer Lebensabschnitt…,

 

Im Knast geht’s einem hier zu prächtig,

ich aß gut und blieb nicht schmächtig,

Privilegien Vorteile sind dort beträchtlich,

Mancher mustert Mörder – wie mich – verächtlich,

 

Man gewöhnt sich an jede Hölle,

doch mir ging's fast paradiesisch,

gut, nicht jeder an meiner Stelle,

im Käfig, ständig, nicht nur metaphysisch,

 

Alt wurd ich, dacht' mit Wehmut,

an meine vergang'nen Taten,

als Mörder war ich ziemlich gut,

denk ich dran, krieg ich 'nen Harten…,

 

Ja, fürwahr, ich war vom Fach,

doch die Mordlust ist verhindert,

die einzige Kleinigkeit vager Schmach:,

Die Zelle zu, Fensterchen vergittert,

 

Verbittert bin ich jedoch nicht,

das ist nicht Teil meiner Natur,

nie wein' ich nächtlich bitterlich,

Reue nur reine Makulatur,

 

Manche Menschen, Volksgenossen,

finden, Abschaum wie ich,

gehöre standrechtlich erschossen,

sei ein garstig' Natterngezücht,

 

Über die kann ich nur lachen,

mir im Kittchen Käseschnittchen machen,

keine Opfer zwar, keine Flittchen,

nur Sammeldusche – zum Erfrischen ;-) ,

 

So werd ich lange überdauern,

hinter diesen grauen Mauern,

lach über mich, meine Opfer, die Welt,

widde-widde-wie sie mir gefällt…



Stulle: Mensch, Knorke, welch lange Phase nun verstrichen ist!

Knorke: Salut Stulle, seit wann sprichst Du denn so geschwollen? Studium? Beruf?

Stulle: Keine Sorge, ich wollte es halb herzlich, halb humoristisch beginnen…

Knorke: Das ist Dir definitiv gelungen. Wo warst DU denn die ganze Zeit?

Stulle: Zu Zeiten, als ich Dein letztes bisher hier veröffentlichtes Gedicht gelesen und kommentiert hatte
und wir darüber unser fast obligatorisches Interview führten, war ich beruflich stärker denn je zuvor
eingespannt, voll im Stress – und plante bereits, neue Wege zu gehen. Wie lief es bei Dir? Du hattest im
Vorfeld bereits angedeutet, dass Dich Dein Beruf stärker einnimmt als jemals zuvor, Du arbeitest jetzt
auch mehr.

Knorke: Ja, es sind mehr Stunden. Muss ja auch sein, bei der galoppierenden Inflation, dass man genug
verdient. Der Job ist hart aber relativ gutbezahlt – für einen auf diesem unteren Feld des
Handwerklichen/körperlich Tätigen.

Stulle: Kommst Du bei alledem überhaupt noch zum Schreiben?

Knorke: Tatsächlich konnte ich ein paar Wochen lang kein wesentliches Wort aus meinem Geiste pressen.
Da war nichts. Mir kam nichts in den Sinn, überhaupt nichts. Das hing mit diversen Faktoren zusammen:
Zum einen hab ich angefangen, eine Fremdsprache zu lernen…

Stulle: Wow, echt? Autodidaktisch?

Knorke: Ja, wie auch sonst? Große Kurse besuchen sitzt zurzeit weder pekuniär noch zeitlich drin. Ich
hab ja diese eine App, DUOLINGO. Den Namen finde ich etwas Panne, allerdings ist es eine der besten auf
dem Markt – und sie gendert – wenigstens zurzeit – nicht, im Gegensatz zu diesem anderen, diesem…wie
hieß das noch?

Stulle: Weiß ich nicht. Welche Sprache ist es denn?

Knorke: Polnisch. Ja, fürwahr, es klingt etwas komisch, doch ich hab damit angefangen, da ich etliche
polnische Kolleginnen habe und es mir Spaß macht, wenn ich sie verstehe.

Stulle: Und? Machst Du Fortschritte?

Knorke: Mittelmäßig. Es ist nicht immer viel Zeit zum Lernen. Bei DUOLINGO wird gesagt, dass eine
Viertelstunde Übung täglich einem eine Sprache schon sehr nahebringen kann, dass man sie dann gut
lernt. Ich stehe jetzt noch im ersten "Level" bei der App, also der ersten Sprachstufe, beherrsche schon
einige wichtige Wörter, einige sehr wichtige (Alltags-)Sätze jedoch noch nicht. Schwierig sind auch die
Zahlen und Wochentage.

Stulle: Was ist denn am kompliziertesten?

Knorke: Da es sich um eine der slawischen Sprachen handelt, gibt es extrem wenige Gemeinsamkeiten
mit dem Deutschen – und erst recht mit dem Lateinischen, das ich eine Zeitlang ja ein bisschen gelernt
habe – und auch wesentlich schwieriger als das vergleichsweise simple Englisch und sogar komplizierter
als Französisch, das als romanische Sprache zumindest gewisse Ähnlichkeiten zum Lateinischen
aufweist, wenngleich diese auch nicht übergroß sind. Also: Einfache Sätze kann ich schon, ein paar Tiere
kann ich nennen, einige Lebensmittel, die Gruß- und Abschiedsformeln zu verschiedenen Tageszeiten
und wenige Adjektive. Wenige Wörter sind ähnlich wie im Englischen, auf dessen Basis ich es bei
DUOLINGO lerne.

Stulle: Nicht von Deutsch zu Polnisch, sondern Englisch zu Polnisch?

Knorke: Ja, exakt. Schwieriger, aber damit bleib ich auch im Englischen weiterhin fit.

Stulle: Welche Wörter sind denn ähnlich?

Knorke: Spontan fiele mir ein: woda für Wasser, das Englische "water" hat leichte klangliche Ähnlichkeit,
außerdem wino steht für Wein, sok ist Saft…Und das Wort fürs Wochenende wurde sogar aus dem
Englischen übernommen (weiß nicht, warum)… "weekend" heißt also Wochenende und "Miłego
weekendu" heißt "Schönes Wochenende". So ungefähr… Mein Lieblingstier heißt "kot", also Katze, also
noch entfernte Ähnlichkeit mit "cat". Ganz anders beim Tier, das es beim Chinesen meines Vertrauens
auch gebraten gibt, der Ente: duck im Englischen, ist bekannt, aber "kaczka" im Polnischen.

Stulle: Gesprochen "katschka"?

Knorke: Genau, das cz ist ein Tsch.

Stulle: Kommen wir zum wesentlichen Thema: Dieses Gedicht, wie ist es Dir eingefallen, warum? Es ist
wohl nicht autobiografisch, oder?

Knorke: Verwechsle niemals des Künstlers Leben mit seinem Lebenswerk. Oder so…keine Ahnung. Ist
mir einfach so eingefallen, als ich meinen Signaturspruch "Nicht zu fassen!" vor mich hinmurmelte. Das
war nach getaner Arbeit…Dann dachte ich zunächst, ich könnte es in ein schönes Wortspiel auf das Wort
"fassen" und seine faszinierenden Redewendungen im Deutschen verfassen, ein launiges Ding, ein Witz.
Dann wurde es diese etwas epische Ballade über einen fiesen Mörder, der für ewig im Kittchen hocken
muss…

Stulle: Im Text wird aber auch deutlich, dass Du keine Sympathien für diesen Killer, gelinde gesagt, hast.
Du bist offenbar auch ein Anhänger der Todesstrafe…

Knorke: Kein Anhänger, eher ein Befürworter. Bei Mord mit Vorsatz (bei Affekttaten, die theoretisch jedem
Menschen passieren könnten, wäre das natürlich anders zu bewerten) sollte diese Strafe alternativlos
sein, denn Mord ist das widerlichste Verbrechen, ist wider jede Moral und Ethik und deshalb sollte jeder
Mörder nicht nur für immer sitzen (und zwar WIRKLICH für immer!), sondern…

Stulle: Schwieriges Thema, schließlich solltest Du aber auch bedenken: Wird jemand hingerichtet, von
staatlicher Seite, macht sich der Staat selbst zum Mörder.

Knorke: Ich behaupte nicht, dass meine Meinung in diesem Bereich konsistent und fehlerfrei ist. Klar, das
wäre ein ähnliches Prinzip.

Stulle: Dass Du aber die (deutschen?) Gefängnisse als Luxusorte beschreibst, schießt doch weit übers
Ziel hinaus, oder?

Knorke: Guck Dir irgendeine durchschnittliche Doku darüber an, dann wirst Du sehen, dass die relativ
komfortabel eingerichtet sind. Man hat fast allen Komfort, den man braucht, außer vielleicht
Internetzugang (in Berlin war da mal ein Modellprojekt am Laufen, wo man den Häftlingen gar Tablets zur
Verfügung gestellt hat, womöglich auch mit Internetzugang, wenngleich leicht beschränkt: Die konnten
wohl nicht auf jede Seite. Nee, aber sonst: Haste da doch fast alles. Da lebt man luxuriöser als draußen,
bis auf den Unterschied, dass da Gitterchen vorm Fenster sind. Etliche Hotels und Jugendherbergen sind
schlechter ausgestattet. Ein Knast sollte etwas Kerkerhaftes haben: Ein finsteres Loch, damit man auch
weiß, was man gemacht hat. Nun, dieser im Gedicht beschriebene Mensch, der aus seiner Sicht schreibt,
ist eben ein ziemliches Ekelpaket. Ich würde niemals tun, was der da abgezogen hat. Aber es wird ja eh
nur angedeutet…

Stulle: Besonders pikant fand ich die Stelle, wo der Mörder sagt, dass er "'nen Harten" bekommt (also
einen Steifen?), wenn er an seine Taten zurückdenkt.

Knorke: Es war verschiedentlich immer wieder zu hören, wie überführte Mörder in ihren Einlassun-gen
und Geständnissen, mitunter genüsslich von ihren Taten berichteten und sie dabei erneut zu durchleben
schienen, eine Art nachträgliche Lust, insbesondere bei Vergewaltigern, die ihre Opfer anschließend
getötet haben. Menschen können manchmal ziemlich abscheulich sein.

Stulle: Aber war es denn nötig, mit DIESEM Text zurückzukehren?

Knorke: Diese Plattform ist doch sehr vielfältig – und mitunter kann und darf es das Ziel des Dichters
sein, zu schockieren oder aufzurütteln. Dort ist – manchmal – auch mein Platz und dann kann ich nicht
immer nur die sanften Naturbetrachtungen einbringen. Die Schönheit der Welt nehme ich durchaus AUCH
noch wahr, doch auch ihre Groteske, ihre Verderbtheit, ihre Verwerfungen. Mir sind zum Beispiel die
Probleme mit einem enthemmten Turbokapitalismus bekannt, doch der zurzeit offenbar schleichend
nahende Weltsozialismus ist ganz gewiss der verkehrteste Weg, Klima hin oder her, Wandel hin oder her,
Corona hin oder fucking her.

Stulle: Na dann: Feuer frei mit vielen neuen Texten. Können wir uns denn auf tägliche Neuigkeiten freuen?

Knorke: Zurzeit arbeite ich an vielen Geschichten gleichzeitig, meine Kurzgeschichtenkategorie "Protokoll
eines verfallenden Landes" hat massiven Zuwachs bekommen, auch diese Storys werde ich hier
veröffentlichen. Gerade verarbeite ich den ÖRR-Korruptionsskandal, auch die neuesten Taten unserer
"Goldstücke" finden Eingang in schockierende Geschichten nach wahren Begebenheiten – und die
Ministerin SPIEGEL, die im Ahrtal-Katastrophenmanagement menschlich, psychisch und fachlich versagt
hat. Es wird geil! Aber nicht zwangsläufig täglich. An Wochenenden ist mehr Zeit.
Karl-Konrad Knooshood, Anmerkung zum Gedicht

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 13.08.2022. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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