DIE KERZE

DIE KERZE

Eine Kerze
war zutiefst erschüttert,
sagen wir besser,
fast verbittert:
Da war eine andere,
die so schön flammte,
so anheimelnd brannte
und nur bewundernde
Blicke kannte.

Schmerz stach tief
in ihren Docht;
hatte sie doch selbst erhofft,
ein Künstler,
ein Schatten werfendes
Licht zu sein!
Ihr war’s nicht vergönnt.
Sie stand einfach nur da.
Nutzlos schien ihr das - fürwahr!

Eines Tages jedoch bemerkte sie:
Heute ist es anderswie…
Sie sah sich um,
und was sie fand:
ihr Kerzenfeind
war niedergebrannt!
Von der prallen, roten Schönheit
bestand nur noch
ein dünner Rand.

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Es ist ein Gleichnis,
das uns zeigt:
Auch der Mensch an sich
zu Neid schnell neigt.
Hat er dann einmal
spät begriffen,
dass bei ihm
noch alles inbegriffen,
gesteht er sich
versöhnt dann ein:
Wie gut,
nur eine unscheinbare
Kerze zu sein.

© Renate Tank
29.04.2016