Patrick Rabe

Schlechte Vorbilder (Klingen)

Schlechte Vorbilder (Klingen)


Du kennst das Kraut, das du da rauchst,
doch du rauchst es, weil es passt.
Bist du eigentlich dir selber so verhasst,
dass du nicht merkst, dass deine feinde
längst schon deine Lieder singen,
du bringst sie in der Dunkelheit zum Klingen.

Und die eine und die and're Schwester
war'n niemals wirklich Jungs,
das dachtet ihr nur, weil ihr Köpfe bumst.
Und die beiden freunde aus dem Hochhaus
waren auch nicht wirklich schwul,
und die Glatze war ein Nazi und kein Hool.

Durch weiche Brillen sieht man taube Fenster,
und fast nichts vom Nachbarhaus,
wenn die Paranoia schlimm wird, geh' doch raus.
Doch hüte dich, für deine Freunde Feindeslied zu singen,
du fühst sie in der Dunkelheit zu Klingen.

© by Patrick Rabe


Ähnlich wie auch die Band Tocotronic auf ihrem Album "Nie wieder Krieg!" habe ich manchmal darüber resümiert, ob ich wohl manchen meiner Leser ein schlechtes Vorbild war. Ich habe über diese Thematik auch in meiner Ode an Tocotronic ("Nie wieder Krieg und sanfter Schnee in der Neujahrsnacht") nachgedacht, und in diesem Gedichtezyklus ein Panorama über die Wirkungsweise von Songs entwickelt. Dabei ging es vor allem um den seit 2017/2018 in Deutschland stattgefunden habenden Rechtsruck , und das eine rechte Jugend Songs und Gedichte linker Autoren notwendigerweise anders rezipiert, als eine eher linke Jugend. Die Bands meiner generation waren oft eher links, und dürften sich gewundert haben, dass plötzlich Neonazis ihre Songs gut finden. Vor einem solchen Publikum zu spielen, ist vielen dieser mittlerweile etablierten Bands ein Graus. Die Idee mit dem "Klingen"-Wortspiel bezieht sich auf das Cover des albums "Jade" von Pascow. Dort siet man ein punkiges Mädchen, das eine hand in einer merkwürdigen Pose hält, als ob sie ihre Haare zurückstreicht. Im Inlay ist das Bild in einer variation zu sehen. dasselbe Mädchen nocheinmal, eher maskulin aussehend, mit der gesichtsbemalung des batman-Jokers und derselben Handhaltung. Man mag sich fragen, ob in der Hand ein Handy, ein Messer (wie bei Joker), ein Kamm, oder wirklich nichts ist. Deswegen habe ich auch in diesem Gedicht hier noch einmal das Motiv von den beiden Schwestern aufgenommen, die eigentlich auch Jungen sein könnten (ein Motiv aus der Bibel und vielen Horrorfilmen). In meinem Gedicht mache ich damit auch die Ambivalenz dem eigenen Schaffen gegenüber deutlich. Die Möglichkeit nämlich, seine Freunde, Hörer und Leser mit seinen Liedern und Gedichten sowohl durch die Dunkelheit an einen sicheren Ort leiten zu können, als auch die Möglichkeit, durch die Benutzung von feindlichem Vokabular, Menschen, ohne, dass man es will, in die Irre und vielleicht sogar zum Feind selbst zu führen. Mir ist das in den letzten jahren passiert, indem ich bei theologisch angehachten Diskussionen im Internet die biblische Heilsstellung der Christen gegenüber den Juden diskutiert hatte. Das hatten manche - leider auch Polizei und Staatsschutz - als Antisemitismus aufgefasst, und es brachte mir jahrelangen Ärger, viele Verhöre und mehrere Psychiatrieaufenthalte ein. Es war ja auch so: rechtsradikale hatten meine Posts aus meiner christlichen Phase aufgegriffen, und daraus rechte Postulate gemacht, mich erst gelobhudelt, und dann dafür gesorgt, dass ich gesellschaftlich geächtet wurde. Bei der Band "Pascow" habe ich - obwohl mir ihre Songs gefallen, wegen der Strophe

"Dieses Land, das könnt ihr jetzt ganz haben
Ihr habt es geschafft, ich will's nicht mehr
Und wenn es dann schon bald total im Arsch ist
Taucht tief in irgendeinem Meer."

leider das Gefühl, dass es sich bei ihnen auch um Rechte handelt, obwohl mir der Rest des Albums gefällt. Das meine ich unter anderem mit Zwiespältigkeit. Ich selber bin mir gegenüber NICHT zwiegespalten. aber wenn man ein Album gut finbdet, von dem man glaubt, es könnte der gegenteiligen politischen seite angehören, und man das album trotzdem weiter hört, macht das schon auf manche einen etwas inkonsequenten Eindruck. Aber so gung es mir damals ja auch mit Xavier Naidoo, bei dem ich die Anschuldigungen allerdings schon damals für aus der Luft gegriffen hielt. Ich sehe die Hetzjagd auf xavier nadoo heute bereits als ersten großen schachzug der Rechten gegen einen populären christlichen Künstler dunkler Hautfarbe. Naidoos Patriotismus ist mit seiner nähe zu bestimmten christlichen Gemeinden zu erklären, die ich zwar auch nicht gutheiße, aber er ist kein Nazi. das wäre ja auch etwas widersinnig.

Linernotes: © by Patrick Rabe

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Patrick Rabe).
Der Beitrag wurde von Patrick Rabe auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 19.05.2023. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Patrick Rabe als Lieblingsautor markieren

Buch von Patrick Rabe:

cover

Gottes Zelt: Glaubens- und Liebesgedichte von Patrick Rabe



Die Glaubens-und Liebesgedichte von Patrick Rabe sind mutig, innig, streitbar, vertrauens- und humorvoll, sie klammern auch Zweifel, Anfechtungen und Prüfungen nicht aus, stellen manchmal gewohnte Glaubensmuster auf den Kopf und eröffnen dem Leser den weiten Raum Gottes. Tief und kathartisch sind seine Gedichte von Tod und seelischer Wiederauferstehung, es finden sich Poeme der Suche, des Trostes, der Klage und der Freude. Abgerundet wird das Buch von einigen ungewöhnlichen theologischen Betrachtungen. Kein Happy-Clappy-Lobpreis, sondern ein Buch mit Ecken und Kanten, das einen Blick aufs Christentum eröffnet, der fern konservativer Traditionen liegt.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (1)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Allgemein" (Gedichte)

Weitere Beiträge von Patrick Rabe

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Der Floh von Patrick Rabe (Gesellschaftskritisches)
Raben von Karl-Heinz Fricke (Allgemein)
Erster Wintergruß von Christa Astl (Jahreszeiten)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen