Patrick Rabe

Naseweis, die Schreibblockade und zu spätes Handeln

Naseweis, die Schreibblockade und zu spätes Handeln

Du willst es wissen, ob du's kannst,
'n guten Text zu schreiben,
mit dem du dich nicht mehr entmannst,
wer schreibt, muss schließlich bleiben.

Und wenn die Zeiten härter werden,
wie Kruppstahl, oder so,
dann hau'n die Faschos hier auf Erden
dir nochmal auf den Po.

Dein Vater hat besoffen gesoffen,
so überwindet man den Punkt
-den toten halt- und dann hat er getroffen
den Mann, der auf der Brücke muncht.

Und an der Wand drei Zombiezeichen,
fünf Tage hat der Knast,
ein Glatzkopf stürzt, gehetzt von Leichen
die Treppe runter,
und taucht im Ghetto unter,
du hast ihn nicht gefasst.



© by Patrick Rabe

geschrieben am Montag, den 22. Mai 2023 in Hamburg.


Linernotes:

Dieses Gedicht basiert auf Erlebnissen, die ich im Jahr 2000 und im Jahr 2019 hatte, und auf den ewigen Anwürfen meiner Umgebung, ich hätte "noch nichts gelernt", "noch nichts begriffen", könnte "noch nicht schreiben", wäre "noch nicht sehend". (Dieses "Ich kann sehen!" ist ohnehin ein Zitat aus dem Horrorfilm 'Die Mächte des Wahnsinns' und ist eigentlich eine Warnung vor diesem "Sehen". Aus meiner heutigen Sicht war der Film bereits eine Warnung vor Scientology und den Werken von Stephen King. Manches von ihm finde ich trotzdem gut. Mich haben seine Bücher nicht zum Zombie gemacht, mich haben nur ab irgendeinem Punkt die ewig wiederkehrenden Themen und die sprachliche Einfallslosigkeit genervt. Manche glauben, King hätte in einer zweifelnden Phase seines schaffens selber "Die Mächte des Wahnsinns" mit auf den Weg gebracht.).

Und zur oben behandelten Frage: Wie man schreibt? Man kann es nicht "Machen" bzw. künstlich herstellen. Manche Schriftsteller versuchen sich zu "pimpen", um immer besser zu werden, zum Beispiel mit Kokain, Cannabis, Uppers und Downers (in legaler Pillenform) oder Wein, was - da kann ich aus eigener Erfahrung sprechen, unterschiedliche bis keine Erfolge erzielt. Ich wusste eigentlich schon seit meinem fünften Lebensjahr, dass ich literarisch schreiben kann, Drogen steigern mein Talent kaum. Eher im Gegenteil. Langfristig führen sie dazu, dass man wirres Zeug schreibt. Mein verrücktestes Schreiberlebnis, was dann noch in einen eben so halluzinationsgeschwängerten Nachmittag führte, hatte ich im Jahr 2000 oder 2001 nach drei Akineton-Tabletten, und einer Flasche Wodka. Zugegeben: Ein ziemlich panniger Mix. Es ist immerhin der richtige Mix, um auf einen inneren Tauchgang mit Wiederkehr zu gehen. Gelingt aber auch nicht allen. Ich hatte einen Freund dabei, mit dem ich vorher Aufnahmen zu einem vage angepeilten Album gemacht hatte, das dann nie herauskam. Das waren ja aber meine frühen 20er, Damals wollte ich noch Rockstar werden, und meine Freunde und ich, sofern wir Künstler waren, lebten eigentlich alle so. Wer mit Mitte 40 aus Jux und Dollerei immer wieder den "toten Punkt" überwindet, um besser schreiben zu können, ist irgendwann ausgebrannt. Trotzdem: Auch aus meiner heutigen Sicht würde ich das Neil Young'sche "I'ts better to burn out, than to fade away" (Aus dem Song 'Hey, hey, my, my(out of the blue") durchaus immer noch unterschreiben. Langsam in die Bedeutungslosigkeit zu verblassen, ist nicht schön. Leider nahm Kurt Cobain diese Zeile als Aufhänger für seinen Abschiedsbrief, was sie für Rockmystiker, wie ich es bin, aber noch interessanter macht. Ich beschäftige mich im Moment intensiv mit dem Album "Jade" von Pascow, die ich trotz der rechts anmutenden Zeilen (Das Titelstück handelt sogar von einer Vergewaltigung...das hätte ich mir mal vor drei Jahren rausnehmen sollen... Tatüüütataaaaa....), sehr geil finde. Der musikalische Stil und die Metaphorik liegen mir einfach. Und Künstler, egal, ob rechts oder links, sind in den seltensten Fällen Mörder.

 

Nach den letzten fünf Jahren denke ich, die Streitigkeiten zwischen der linken und der rechten Künstlerszene -egal, welche Sparte- sind mittlerweile in Hick-Hack ausgeartet, ähnlich, wie das Gedöns, das sich Mort Rainey und sein "Schatten" John Shooter in der Stephen-King-Kurzgeschichte "Das geheime Fenster"leisten. Jetzt wird nicht mehr zitiert, und sich liebevoll bis stichelig aufeinander bezogen wie in Zeiten der "Hamburger Schule" (waren aus meiner Sicht aber alles mehrheitlich Linke), sondern geklaut und sich gegenseitig beleidigt, besonders gerne bei Künstlern, die fast keiner kennt. Manches geflügelte Wort aus irgnedwelchen Szenen oder Freundeskreisen wird natürlich auch unabsichtlich aufgegriffen - so war der Satz "Aber hier leben-nein Danke!" ja auch ein 'Insider' der Clicque um Tocotronic, bevor er zu einem ihrer bekanntesten Songs wurde- und zu einem Song oder einem Gedicht umgearbeitet, weil man ihn in bestimmten Kreisen schon tausendmal gehört hat, und sich dann wohl dachte, dass das einfach eine stehende Redewendung ist und nicht zu einem Song oder Gedicht gehört. "Mein Vater hat besoffen gesoffen" ist jedenfalls ein Schnack - vielleicht auch eine Songzeile- von meinem Freund Jan Thibout, das sagten aber in den Nuller Jahren viele Leute in Langenhorn. (Hat wohl mit real existierenden Umständen zu tun. Der Originalsatz lautet glaube ich "Karl-Heinz hat besoffen gesoffen.". Pascow verwenden die Zeile, so wie ich sie weiter oben zitierte, in ihrem Song "Silberblick und Scherenhände". Ich finde den Song gut, ich frage mich nur, ob Jan Bescheid wusste.

 

By the Way: Ich begreife ja auch Tocotronics Songs "Ich tauche auf" und "Hoffnung" als Hommagen an meine Gedichte "Aus-Sicht" und "Sprache". Sie stehen ja in meinem Buch "Beide Seiten des Fensters" (im Gedichtband "Innerdom"), und sind auch auf e-stories veröffentlicht. Es ist also nicht unwahrscheinlich, dass Dirk von Lowtzow sie einmal gelesen hat und gut fand. Gleiches gilt für Pascow und andere, die sich von Dingen, die sie umgeben, inspirieren lassen, das tue ich ja auch. Aber "Ich tauche auf" und "Hoffnung" sind -wenn- dann Hommagen von Tocotronic an einen ja wesentlich unbekannteren Künstler, neben den Referenzen, über die Dirk von Lowtzow bereits in seinem Buch "Ich tauche auf" geschrieben hat. In diesen beiden Tocotronic-Songs kommt ja auch - beinahe-keine einzige Zeile aus meinen beiden Gedichten auf, sie sind aber vom Sujet und von der Aussage her sehr stark an meine beiden Gedichte anknüpfend. Eine fremde Zeile bewusst zu verwenden (wie "mein Vater hat besoffen gesoffen")ist- ohne Angabe des anderen Autors eigentlich ein Plagiat, ich denke aber, da dieser Satz quasi schon Langenhorn'sches Brauchtum ist, hat Jan wohl nichts dagegen. 

 

Übrigens: Mit dem "Mann, der auf der Brücke muncht" ist der wahrscheinlich lautlos Schreiende auf dem Bild "Der Schrei" von Edward Munch gemeint ein Bild, das zu der Zeit, als ich  1995 in Norwegen war, gerade aus dem Munch-Museum in Oslo gestohlen worden war. Den Nachnamen "Munch" spricht man übrigens "Munk" aus, so erklärt sich mein Reim in diesem Gedicht. Ob Wilhelm Hauff mit seinem "Peter Munk" in "Das kalte Herz" allerdings Edward Munch meinte, weiß ich nicht genau.

 

Die "drei Zombiezeichen an der Wand" sind drei von den fünf Knaststrichen, die bis heute manchmal Insassen von Gefängnissen und Psychiatrien an die Wände kritzeln, um sich zu vergewissern, wann das Wochenende und der nächste Ausgang kommt. Das vergisst man in dem Hirnbrei, in dem man sich dort befindet, manchmal.

Die Zeile "mit dem du dich nicht mehr entmannst" ist eine Hommage an die Blumfeld-Zeile 'Von der Unmöglichkeit 'nein' zu sagen, ohne sich umzubring'n"

 

© by Patrick Rabe

 

geschrieben am Montag, den 22. Mai 2023.

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Patrick Rabe).
Der Beitrag wurde von Patrick Rabe auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 22.05.2023. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Patrick Rabe als Lieblingsautor markieren

Buch von Patrick Rabe:

cover

Gottes Zelt: Glaubens- und Liebesgedichte von Patrick Rabe



Die Glaubens-und Liebesgedichte von Patrick Rabe sind mutig, innig, streitbar, vertrauens- und humorvoll, sie klammern auch Zweifel, Anfechtungen und Prüfungen nicht aus, stellen manchmal gewohnte Glaubensmuster auf den Kopf und eröffnen dem Leser den weiten Raum Gottes. Tief und kathartisch sind seine Gedichte von Tod und seelischer Wiederauferstehung, es finden sich Poeme der Suche, des Trostes, der Klage und der Freude. Abgerundet wird das Buch von einigen ungewöhnlichen theologischen Betrachtungen. Kein Happy-Clappy-Lobpreis, sondern ein Buch mit Ecken und Kanten, das einen Blick aufs Christentum eröffnet, der fern konservativer Traditionen liegt.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (0)


Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Aktuelles" (Gedichte)

Weitere Beiträge von Patrick Rabe

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Lasst es leben! Es strampelt noch! (Jesus mit Covidmaske) von Patrick Rabe (Psychologie)
> > > S t ü r m e < < < von Ilse Reese (Aktuelles)
Lebensherbst von Karl-Heinz Fricke (Besinnliches)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen