Sonja Raab
rollstuhl
mit offenem mund
schreit sie stumm
ihre wut hinaus
in menschenleeren raum
brüllt wie ein
verletztes tier
und ein schwall hass
über den rollstuhl
auf das leben
in dieser gefangenschaft
schwappt über mich
ich bekomme gänsehaut
und will gar nicht wissen
wie es sein muß
ein leben lang
gefangen
hilfsbedürftig
abhängig zu sein
vom wohlwollen anderer
und ich weine mit ihr
und schäme mich
weil ich dachte
es geht mir nicht gut
Vorheriger TitelNächster Titelclaudia ist eine frau, die seit ihrer geburt querschnittgelähmt, aber im kopf 100%ig in ordnung ist. sie bekommt also alles mit. ich habe diese frau eine woche lange betreut, und eines tages saß sie tierisch schreiend in ihrem rollstuhl, weil sie sich dafür schämte, daß wir sie abwischen und putzen mussten- sie wollte unabhängig und frei sein. ich saß daneben und hatte tränen in den augen- was soll man in so einer situation sagen? es wird ihr nie besser gehen körperlich, sie wird nie aus dem rollstuhl raus können, sie wird immer abhängig bleiben von menschen, die sie herumschieben, füttern, wickeln, säubern und mit ihr reden.
dann habe ich mich geschämt für die momente, in denen ich dachte, ich wäre sooo arm...
sonjaSonja Raab, Anmerkung zum Gedicht
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 18.10.2004.
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