Mike Arnold
Ich nicht
Am Ende eines Tages, am Ende eines Weges, am Ende der Hoffnung, erwartet da uns Menschen ein Ziel? Erwartet uns Verheißung? Was kann gehofft, was kann erwartet werden, wenn man mit hängendem Kopf durch den Saal der kumulierten Hoffnungen streicht, durch die Gänge mit Schildern an Türen, die, öffnen sie sich, nur Entschuldigungen feilbieten. Ausflüchte, Zuweisungen und Versprechen auf das Morgen, an das nicht geglaubt wird. Schreckgespenster aus Armut und Not in jeder Silbe, in jedem Blick. Hartz oder nicht Hartz, entscheidet über lachen und weinen. Werde ich es sein? Oder kann ich mich in die Leistungsmaschine werfen. Teilhaben am kollektiven Aufatmen des: Ich nicht!
Das Land ist voll der Angst. Wie eine schwere Decke legt sie sich über Strassen und Plätze. Über die Menschen, die sich hinter ihre Hecken kauern, hinter den Vorgarten, der so gepflegt ist, weil die „ anderen“ könnten ja sagen, was nicht gehört werden will. In jedem einzelnen und nur dort, da steckt sie. Ohne den „anderen“ so zu sehen, was er ist. Ein Gefährte, eine Schulter und Ohr. Ausgrenzen, alleine tragen, niemals teilen. Wir jammern ja nur und machen nichts, wird zum Lippenbekenntnis der Vereinzelung. Niemals zusammen schreiten. Verantwortung tragen für das eigene Schicksal, schreien, wenn Tränen versiegen, umarmen, wenn Hass sich auftut. Dann lieber gehorchen, dann lieber auf der Stelle treten in der kollektiven Verweigerung : Ich nicht!
In der Ferne, da wird geschossen. Auf alles was sich bewegt, was nicht „ordentlich“ ist, was nicht „teilhat“ an der Weltgesellschaft. Bewahrer des Glaubens an die Rechtschaffenheit der Ausbeutung, entscheiden was „Gut“ und „Richtig“ ist. Feinde an jeder Ecke, im eigenen Territorium. Blasphemie! Krieg rufen und Sturm sähen, die Ernte kommt in „body bags“ in unsere Häuser. Suchen und Zerstören heißt die Parole, suchen und zerstören wir den Glauben an das Gute in uns. Wer nicht für uns ist, ist gegen uns, macht den „anderen“ zum Vogelfreien. Mut fehlt zu sagen, bis hierher und nicht weiter. Aus der flimmernden Realität greift Unrecht in unsere Wohnzimmer doch scheitert an den Voyeuren des zum Glück Ich nicht!
Ein kleiner Prinz, aus gutem Hause, sagte dort am Wasserfall: "Leben heisst leiden und der Ursprung des Leidens ist Verlangen". In meinem Herzen ist Verlangen, darum leide ich. Der Prinz, er hatte recht. Im Leiden aber Freund, da liegt die Kraft zu ändern was wir ändern müssen. Wir müssen leiden, wir müssen sehen, müssen spüren, was „andere“ erleiden. In unserem Haus, da ist es schmutzig geworden. Leiden wir nicht alle hier im großen Haus? Wir sehen und sehen doch nichts. Sind gefangen in Bedürfnissen, die nicht unsere sind. Sind gefangen in Träumen, die nicht unsere sind. Leidet Menschen und ändert was euch leidend macht. Wenn der Tag kommt und junges Leben fragt: Hast du still gesessen und geschaut? Hast du nichts gehört von Schreien in den Folterkammern? Von den Menschen, die alleine streiten? Dann, so hoffe ich, wird deine Antwort sein: ich nicht!
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 18.10.2004.
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