Lars Weiper
Ein schwarzer Garten wächst in mir
Ein Dornenschloss, ein Reich der kranken Glieder,
Wo jede Zelle wie ein Teufelstier,
Wuchert, schlingt und reißt die Mauern nieder.
Mein Fleisch ist nichts als Wachs im heißen Strom,
Es schmilzt dahin, formt Wellen des Vergehens,
Ein sterbend’ Boot auf einem Meer aus Hohn,
Das nur den Sturm, den eis’gen Sturm, will sehen.
Ein Pesthauch wälzt sich durch die kalte Brust,
Ein Modermeer, das sich in Leib ergießt,
Das Schattenkönigreich aus Angst und Frust,
Ein wütend‘ Chaos meine Kräfte frisst.
Der Krebs, er wächst, er wurzelt sich im Blut,
Ein Fluch, der wie ein Drachenschlund mich packt,
Ein stiller Henker, dessen kalte Wut
In meinem Körper letztes Leben knackt.
Noch halte ich mich fest, noch will ich schrei’n,
Dass Mut und Kampf nicht ganz umsonst vergehen,
Im Fiebertraum kann ich den Tod vernein’n,
Solang’ die Flamme zitternd bleibt zu sehen.
Es nagt die Zeit, sie nagt am Nervenkleid,
Augenblicke werden wie ein Jahr der Reue,
Ein Knochenmarkt, wo Licht und Dunkelheit
Sich feilschend treffen, ich mein Sein bereue.
In Spiegeln, die wie fahle Wasser liegen,
Betrachte ich das Antlitz, das zerfließt,
Die Augen, blinde Monde, die versiegen,
Das Haar, das fällt, vom letzten Schlaf geküsst.
Abendstunden sind ein nimmer endend' Klagen,
Ein Kreis, der mich in endlos Ketten spannt,
Der Schlaf flieht wie ein Reh, das Pfeile jagen,
Und jeder Traum verblutet im Verstand.
Nie träume ich von jenen lichten Tagen,
Wo Sonnenstrahlen warm die Haut berührt,
Wo jede Blume ohne Zwang getragen,
Sich öffnete, vom Sommerwind verführt.
Manchmal wächst ein Flüstern in der Nacht,
Ein Raunen, das den Tod als Retter preist,
Ein Ruf, der wie aus tiefstem Sarg erwacht,
Ein süßer Stachel, der sich in mich beißt.
Denn jedes Hoffen wirkt wie Spott auf mich,
Denn welche Rettung könnte mich erreichen?
Die Ärzte sprechen, Worte glatt und schlicht,
Doch ihre Augen wollen nicht erweichen.
Vielleicht, am Ende, gibt es einen Pfad,
Der sich durch all das Dunkle noch ergießt,
Ein versteckter Gang, den niemand wirklich sah,
Der dennoch tief in mir sich selbst erschließt.
Solang ein Atem in den Tiefen bebt,
Solang die Knochen sich im Staub noch regen,
So lang werd' ich, trotz allem, was mich quält,
Den Kopf erheben, dem Verfall entgegen.
Ein schwarzer Garten, der mich ganz verschlingt,
Und dennoch stehe ich, obgleich zerstört,
Ich höre, wie das Schicksal leise singt,
Es singt: Der Tod, er hat Dich längst erhört.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 01.10.2024.
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