Larissa Lamadé
Ahnen
Aus dem Spiegel blicken mir verlorene Gesichter entgegen.Habe ich ihr markantes Gesicht?
Habe ich seinen starren Blick?
Habe ich ihre Lachfältchen?
Habe ich seine blonden Locken?
Wie hast du ausgesehen, mein Ahne?
Hättest du mich geliebt und in den Armen gehalten?
Hättest du mich bespuckt und verflucht für das was ich bin?
Was hättest du wohl über mich gedacht, wenn es mich schon gegeben hätte.
Ein Teil von mir entstand bereits vor 100 Jahren, es wuchs in meiner Großmutter heran.
Ich habe schon existiert und noch nicht existiert.
Ich denke an dich, mein namenloser Ahne, der nicht mehr leben durfte.
Ich erinnere mich an dich, auch wenn ich dein Gesicht nie kannte.
Wie faules Obst haben sie dich von ihrer Tafel gerissen, deinen Namen verschluckt,
deine ungehorsame Existenz verleugnet noch im Tode und darüber hinaus.
Du warst doch noch so jung, wir hätten uns begegnen können, wenn du hättest leben dürfen.
Vielleicht hättest du jemanden geliebt, den du nicht lieben durftest.
Vielleicht hättest du dich verleugnet, aus Angst vor Ablehnung.
Ich bitte dich um Vergebung, mein Ahne, dass du nicht leben durftest.
Ein Teil von dir lebt in mir, in meiner Erinnerung. Vorheriger TitelNächster Titel
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 06.04.2025.
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