Anette Esposito
ADELHEID
Herr Müller, aus der Glockengasse,
mit Hausnummer einhundertzehn,
saß abends gern auf der Terrasse
im Liegestuhl, so recht bequem.
Er ließ den Tag Revue passieren
bei einer guten Flasche Wein
und blickte frech, ohne Manieren,
ins Nachbarküchenfenster rein.
Er sah die schöne Adelheid,
begann sie förmlich anzustieren,
mit runden Formen, kurzem Kleid
herumkriechen auf allen Vieren.
Er starrte auf ihr hint’res Teil,
war plötzlich wie von Sinnen
und beschloss nach kurzer Weil’
das Weib hier zu gewinnen.
Schon lang schritt er auf Freiersfüßen,
war nun sein Lotterleben leid,
wollt’ sich endlich mal versüßen
mit einer schönen Frau die Zeit.
Auch träumte er von gutem Essen,
von Frauenhänden zubereitet,
Döner und Pommes frites vergessen
die ihm den Umfang sehr geweitet.
Doch als er sah sein Spiegelbild
erschrak er ziemlich heftig.
Von Fast food Nahrung reich gefüllt
erschien sein Bauch ihm deftig.
Er dachte an die Adelheid,
mocht sie so gern verführen.
Zum Abspecken war er bereit
sowie zum maniküren.
Gestrichen wurden auf dem Plan
Wein, Chips und süße Sachen.
Er dachte auch sofort daran
ein Sportprogramm zu machen.
Schnelldiät mit viel Gemüse,
reichlich Obst für Wochen vier
und für die Adelheid, die Süße,
würd’ er verzichten auch auf Bier.
Danach, so dachte er sich gut,
wollt’ er mit einem Blumenstrauß,
fit und schlank mit heißer Glut
sie einladen zu sich nach Haus.
Die nächsten Wochen waren hart,
er kam dabei ins Schwitzen.
Doch hielt er durch, auf Mannesart,
um Adelheidchen zu besitzen.
Mit Disziplin und viel Verzicht
ging er die Sache an,
verlor acht Kilo an Gewicht
und hing noch zweie dran.
Nun kam die Stund' voll Unbehagen
in der er fragen wollt’ die Adelheid,
ob sie bereit, in allen Tagen,
mit ihm zu teilen Freud und Leid.
Er putzte sich, stolz wie ein Pfau,
an diesem Tag sogar die Zähne,
wählte einen Anzug, blau
und kämmte seine Mähne.
Mit roten Rosen stand er später
in der Glockengasse hundertneun,
hoffend wie ein Hausvertreter
dass Adelheid nicht sage: „ Nein“.
Doch als sich öffnete die Pforte
von der Wohnung über’m Keller,
vergaß er seine Liebesworte,
der dicke Heinz war schneller.
~~Ae~~
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 20.12.2004.
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