Heike Dietrich

Ich möchte leben wie ein"normaler" Mensch

 

Ich möchte leben,

wie ein "normaler" Mensch.

Glücklich sein,

lachen können,

ganz normale Traurigkeit spüren,

weinen,

die Sonne genießen,

durch den Regen laufen und etwas fühlen.

 Einfach frieren, ohne die innere Kälte zu spüren.

................

 

Aber diese Krankheit,

die sich Depression nennt,

verbietet es mir zu leben,

verbietet mir zu fühlen,

wie ein "normaler" Mensch.

 

Viele sagen,

"das wird schon",

"du musst Geduld haben,

lass Dich nicht so hängen"

"..........."

Aber was wissen sie schon,

was in mir vorgeht?

Ich möchte so gern leben,

wie ein "normaler" Mensch.

 

Medikamente werden verordnet,

Gespräche geführt,

der Arzt blickt auf die Uhr,

hat keine Zeit,

denn der nächste Patient wartet.

Ich möchte auch nicht zum Arzt,

möchte leben wie ein "normaler" Mensch.

 

Ich habe Angst!

Sehe Gestalten, die mich verfolgen.

Sogar im Kleiderschrank sitzt jemand, der mich anschaut.

Panik macht sich breit.

Ich möchte weglaufen,

doch die Angst lauert überall.

Ich träume seltsame Dinge,

schreie im Schlaf,

oder finde überhaupt keine Ruhe.

Erwache ohne Kraft und Antrieb.

Ich möchte so gern leben,

wie ein "normaler" Mensch.

 

Ich bin verzweifelt,

finde nicht den richtigen Weg.

Selbst meine Therapeutin gibt mich auf.

Ich weiß nicht weiter, möchte abschalten,

Ruhe finden,

und nicht gehetzt wie ein wildes Tier,

von einem Ort zum nächsten gehen.

Ich weiß nicht einmal genau,

wovor ich überhaupt Angst habe.

Meine Angst hat keinen Namen.

Ich weiß nur, ich habe große Angst.

Warum kann ich nicht leben,

wie ein "normaler" Mensch?

 

Die Depression hält mich schon so lange fest,

viele Jahre konnte ich sie verbergen,

hab es mit Freude am Beruf,

mit Liebe zu meinen Patienten

verdrängen können.

Nur wenn ich allein war, kam sie zu mir,

die maßlose Traurigkeit,

die Schwäche.

......

Nun lässt mich die Depression nicht mehr los.

Höchstens mal ein, zwei Stunden

darf ich das "normale" Leben spüren.

Dann denke ich,

jetzt wird alles besser.

Doch dann fangen mich die Krallen

der Krankheit wieder ein.

 

Der Alltag,

all das, was ich früher gern gemacht habe,

ist ein riesige Last,

baut sich auf, wie ein unüberwindbarer Berg.

Ich schaffe nichts,

die Wohnung sieht wüst aus,

im Garten wuchert das Unkraut,

Berge türmen sich, höher und höher.

Ich fühle mich zu Boden gedrückt.

Schleppe mich nur mühevoll von hier nach dort.

Warum kann ich nicht leben,

wie ein "normaler" Mensch.

 

Ich habe keine Hoffnung mehr,

fühle mich leer und ausgebrannt.

Komme mir oft vor wie eine nutzlose Hülle,

was bin ich denn noch wert?

Negative Gedanken kommen immer wieder,

noch schaffe ich es, mich gegen sie zu wehren.

Denn ich will leben,

leben wie ein "normaler" Mensch.
 
(C) Heike Dietrich

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 01.05.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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