Karl-Heinz Fricke

Der Brief

 

Das Schicksal hält sehr oft bereit
einen glücklichen Augenblick,
auf den man schaut nach langer Zeit
mit Wehmut im Herzen zurück.
 
Sie trafen sich in Cannes,
die Lisa und der Hannes.
Hannes war aus Erkenschwick
und Lisa wohnte in Köpenick.
Es war Liebe auf den ersten Blick,
sie fuhren getrennt nach Haus zurück.
 
Sie versprachen sich Briefe zu schreiben,
um in engem Kontakt zu bleiben.
Er sprach davon am letzten Tage,
er müsse nach Peru zu einer Montage.
Die lange Trennung fiele ihm schwer,
aber er sei der leitende Ingenieur.
 
Als er in Lima angekommen,
hat Schreibzeug er zur Hand genommen.
Schrieb ihr, die Zeit in Cannes war schön,
und er sehne sich nach dem Wiederseh'n,
doch einige Monate würden darüber vergeh'n.
Seine Adresse auf dem Umschlag stand,
auf ihre Antwort wartete er gespannt.
 
Er wartete einen Monat, im Herzen beklommen,
ein Brief von ihr war nicht gekommen.
Sein Stolz verbot es ihm, um Antwort zu bitten,
aber kummervoll hat seine Seele gelitten.
 
Nach einem weiteren Monat sagte sich Hannes,
für sie war es wohl nur ein Flirt in Cannes.
Die süße, kesse Berlinerin
hatte wohl schon einen anderen im Sinn.
Sie würde nicht monatelang auf ihn warten
sicher gab es andere, die ihrer harrten.
 
Auch, dass er als Ingenieur
nicht sehr oft zu Hause wär.
Alles aus und schmerzlicher Schluß.
Schade, dass es dazu kommen muss. 
 
Inzwischen wartete Lisa zu Haus
und weinte sich die Augen aus.
Hannes' Liebe war doch so echt,
sind denn alle Männer schlecht?
 
Sie hatte fest an die Liebe geglaubt,
nun wurde ihr alle Hoffnung geraubt. 
Auch sie war stolz und nicht zu bewegen
sich unnötig weiter aufzuregen.
Die gemeinsame Zukunft verlief im Sande,
denn durch ein Unglück kam sie nicht zustande.
 
Das Postflugzeug zerschellte in den Anden,
die Unglückstelle sie nicht fanden.
Nach drei Wochen gab man die Suche auf,
so nahm das Schicksal seinen Lauf.
 
Neunzehn Jahre der Liebesbrief schlief
im Postsack in einer Senke tief.
Ein Goldsucher fand die Absturzstelle,
er machte eine Meldung schnelle.
 
Die Briefe im Sack waren unversehrt.
Wär' eine Auslieferung vielleicht verkehrt ?
Das Schicksal ist manchmal voller Tücken,
und nicht immer kann alles glücken.
 
Ungläubig starrte Lisa auf den Brief aus Peru,
sie wollt' ihn nicht lesen, und liess ihn zu.
Denn es war ohnehin zu spät,
und das Schicksal hatte ihr Glück verweht.
 
So waren sie nicht zusammengekommen,
und haben sich andere Partner genommen.
Sicher geht sinnend manch sehnlicher Blick
an das kurze Glück nach Cannes zurück.
 
         Karl-Heinz Fricke  10.08.2005

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